Andere Windenergiesysteme

Andere Windenergiesysteme der Enfield-Andreau-Rotor

Dieser Rotor bildet eine Variante konventioneller Systeme. Statt daß die erzielte Drehenergie des Rotors mechanisch über Generatoren in elektrischen Strom umgewandelt wird, wird die Zentrifugalkraft der Rotation dazu genutzt, Luft aus den (hohlen) Rotorblättern durch Öffnungen an den Spitzen herauszudrücken. Durch den Unterdruck, der sich dadurch im Innenraum des Rotors aufbaut, wird Luft von unten durch den ebenfalls hohlen Turm angesaugt, die ihrerseits eine dort befindliche Turbine antreibt.

Außer einer einzigen 100 kW Versuchsanlage Mitte der 1950er Jahre ist mir bislang keine weitere technische Umsetzung bekannt.

Jet-Stream und Höhenwinde

Um von der sich ständig verändernden Windstärke unabhängig zu sein, mehren sich die Vorschläge zur Nutzung des Jet-Streams, jenes schmalen Bandes außerordentlich hoher Windgeschwindigkeit in der oberen Troposphäre, in etwa 5 bis 10 km Höhe. Zwar ändert sich die Lage und Intensität des Luftstromes im Jahresablauf, die west-östliche Richtung bleibt aber bestehen. An der amerikanischen Ostküste wurden in dieser Höhe Geschwindigkeiten von mehr als 600 km/h gemessen!

Die Gleiter, Drachen, Ballone oder Zeppeline, die mit Windturbinen versehen in diesem dauernden ‚Strahlstrom’ schweben sollen, bilden bisher jedoch meist Konzeptvorstellungen, sie sind unerprobt, an bestimmte Installationen wie auch an besondere geographische Koordinaten gebunden, sie gefährden möglicherweise den Luftverkehr und sind letztlich nur unter äußerst schwierigen Umständen zu warten. Sie haben aber auch diverse positive Aspekte.

Die Idee, mittels Winddrachen die Jetströmung zu nutzen, wird auch Hermann Oberth zugeschrieben, welcher durch die Ölkrise 1973 dazu inspiriert worden sein soll.

Bereits seit 1979 experimentiert der Australier Bryan Roberts, Professor an der University of Technology im australischen Sydney, mit einer fliegenden Kreuzung aus Helikopter und Drachen. Auf einen Rumpf aus dünnen Metallstäben befinden sich zwei Rotoren und zwei Generatoren. Die schwebenden Windräder soll in 5 – 10 km Höhe den Jetstream anzapfen. Die Stromkosten wären mit unter zwei Cent pro Kilowattstunde sehr günstig. 2002 gründen Roberts und Dave Shepard die Firma Sky Windpower mit dem Ziel, bis 2010 einen 240 kW Prototypen in der Luft zu haben. In einem Bericht des amerikanischen Energie-Fachmagazins IEEE vom März 2007 werden die Kosten dieser Versuchsanlage auf 5 Mio. $ beziffert.

In Japan wird das Konzept von Drachen verfolgt, die in Höhen zwischen 4.000 und 6.000 m schweben sollen. Dabei soll die Energiewandlung jedoch nicht mittels oben angebrachten Turbinen erfolgen, sondern durch die starke Rotation der Halteseile, die aufgrund der jetartigen Luftströmung erfolgt. 1992 wurde anhand eines kleinen Versuchsdrachen nachgewiesen, daß es möglich ist, den Drachen computergesteuert so auf und ab zu bewegen, daß es zu einer gleichmäßigen Rotation der Seile kommt. Sollen die Drachen zur Stromerzeugung in größerem Maßstab eingesetzt werden, so müssten diese jeweils etwa vier Tonnen wiegen und zur Gewichtsverringerung mit Helium gefüllt werden, sie würden dann rund 300.000 kW Strom produzieren. Die Entwicklungs- und Erprobungszeit wurde mit etwa 10 bis 12 Jahre veranschlagt.


Laddermill-Konzept
(Windprofil)

2004 schlägt der ehemalige ESA-Astronaut Wubbo Johannes Ockels an der Technischen Universität Delft, Holland, das Projekt ‚Laddermill’ (Leitermühle) vor, bei dem eine an einem umlaufenden Kabel befestigte Kette von Zugdrachen mehrere Kilometer weit hoch reichen soll, um dort die starken Höhenwinde auszunutzen. Dabei werden die einzenen Drachen so gesteuert, daß sie auf der einen Seite des Kabels nach oben, und auf der anderen Seite nach unten ziehen. Der entstehende Kabeldurchlauf soll dann an der Bodenstation zur Stromerzeugung genutzt warden. Man hofft, innerhalb der vier Folgejahre einen Prototypen vorstellen zu können. Da der Wind in den großen Höhen bis zu 20 Mal stärker ist als in Bodennähe, hofft man mit diesem System bis zu 100 MW Strom zu einem Preis von 5 Cent/kWh erzeugen zu können.

Auch der russische Physiker Alexander Podgaets arbeitet 2006 an der Technischen Universität Delft in den Niederlanden an der Entwicklung von Lenkdrachen-Schwärmen, die den Höhenwind ernten sollen. Die Energie soll hier durch die Seile auf den am Boden befindlichen Generator übertragen werden, weshalb man das Prinzip auch Wind-Jo-Jo nennt.

Angetrieben vom kräftigen Höhenwind, steigt der Gleitschirm zunächst auf, zieht die Schnur nach, an der er hängt, und wenn sie komplett abgerollt ist, dreht sich die Seilwinde in der anderen Richtung und holt den Drachen wieder runter. Beim Aufstieg werde Energie erzeugt, von der beim Abstieg nur ein kleiner Teil wieder verbraucht werde, da der Gleitschirm dann im zusammengefalteten Zustand eingeholt wird.

Im August 2007 wird das System erstmals getestet. Dabei wird mit einem computergesteuerten Drachen, dessen Generator auf einem LKW montiert ist, eine Leistung von 10,5 kW erreicht. Der Drachen steigt an einem Seil auf rund 400 m Höhe, das Ausziehen des Seils liefert Strom wie bei einem Dynamo.

Drachen von z.B. von 4,5 auf 5 km Höhe aufsteigen zu lassen, dauert etwa 60 Sekunden. Dann wird er innerhalb von 20 Sekunden wieder herunter geholt, und der Zyklus startet von neuem. In Delft plant man nun Schwärme von 50 Lenkdrachen, von denen jeder die Spannweite eines Fußballfeldes hat. Die Gleitschirme sollen übereinander schweben, und das Haltetau wäre 6,5 km lang und dick wie ein Laternenpfahl. Eine solche Höhen-Windmaschine könnte eine Leistung von 100 MW erwirtschaften. Im Computer wurde sogar schon eine Maschine mit 5 GW Leistung simuliert.

Eine weiter angedachte Version ist eine Laddermill aus mehreren Drachen, an denen jeweils zwei kleine Windgeneratoren angebracht sind. Hier wirken die Drachen nur als Träger.

Wind Kite Generator Grafik

Wind Kite Generator (Grafik)

Ein  noch kühneres Konzept verfolgt der Turiner Ingenieur Massimo Ippolito, Forschungsleiter der spanischen Firma Sequoia automation. Das ,Kite Wind Generator Project’ wird nach sechsjähriger Forschungsarbeit 2006 vorgestellt. Nach Ippolito könnte man die Höhendrachen mit den Speichen eines riesigen Rades am Boden verbinden und dieses so antreiben. Die rund 1.000 m hoch fliegenden Gleitschirme bekämen programmierte Autopiloten, so daß sie beim Aufstieg Kreise fliegen, um das Riesenrad in Rotation zu versetzen. Diese Bewegungsenergie ließe sich dann in Strom umwandeln. Ein Karussell mit einem Durchmesser von 100 m soll 500 kW erzeugen – mit 300 m schon 18 MW, und mit 1.000 m Durchmesser sogar 500 MW.

Im Juni 2007 gewinnt das von Robert Creighton entwicklete WindLift-System den zweiten Platz des Businessplan-Wettbewerbs an der University of Madison, Wisconsin. Nach jahrelanger Arbeit hatte Creighton eine von Winddrachen betriebene Bewässerungspumpe für Entwicklungsländer entworfen. Die mechanische Windkraft-Kolbenpumpe soll nach ihrer Optimierung Anfang 2008 in Indien getestet werden.

Im Juli 2007 präsentieren am Bremer Institut für Betriebstechnik und angewandte Arbeitswissenschaft (BIBA) an der Universität Bremen 250 Nachwuchsingenieure des Fachbereichs Produktionstechnik ihre Entwicklungen. Die in zehn Gruppen aufgeteilten Studenten stellen eine Vielfalt an Lösungen vor, die der Forderung des Aufgabenpapiers der Lehrveranstaltung Produktionstechnik IV entsprechen: Energiegewinnung durch Flugdrachen.

Auch die Schwierigkeiten dieser Nutzungsmethoden sind schnell aufgezählt: Konzepte, bei denen der Strom zum Boden geleitet wird, können zu gigantischen Blitzableitern werden, Probleme könnte eine Vereisung durch Wolken verursachen, außerdem wären Flugverbotszonen obligatorisch.

SkySail Zugdrachen

Grafik der Vorstellung von David Thayer

Thayer-Windkite (1890)

 

David Thayer stellte sich schon 1890 eine Kombination aus Drachen und Ballons vor, die von einem Floß stabilisiert Passagiere in einer Gondel über das Meer befördern.

Und b ereits 1987 beteiligt sich das von einem 5-stufigen Drachen gezogenes Boot ‚Whigmaleerie’ von Dave Culp an dem Johnnie Walker/RYA Rennen in Weymouth, England.

Doch richtig los ging es erst Ende 2001 – mit der Gründung der Firma SkySails durch den Wirtschaftingenieur Stefan Wrage und den Schiffbauingenieur Thomas Meyer, einen guten Freund von mir (s.u. ‚Solarboote’).

Wrage hatte seiner Idee bereits als 15-Jähriger, als er mit seiner Jolle auf der Alster segelte und mit der Nähmaschine seiner Großmutter Drachen nähte und an der Elbe steigen ließ. Weil die Jolle ihm zu langsam war, benutzte er einen Kitesurf-Drachen, um an Fahrt zu gewinnen – es funktionierte.

Skysails steht zweimal kurz vor dem Konkurs, bis 2003 mit der Oltmann-Gruppe, einem renommierten Schiffsfinanzierer, ein weiterer Gesellschafter einsteigt. Nun kann das Konzept ernsthaft angegangen werden.

Im Februar 2005 testet die SkySails GmbH in der Hamburgischen Schiffbau- Versuchsanstalt erfolgreich ihren bereits zweiten Prototypen. Das ‚SkySail’ ist ein steuerbarer Zugdrachen für Schiffe, der einen minimalen am-Wind-Kurs von 50° erlaubt und erhebliche Mengen an Treibstoff spart.

2006 wird in der Ostsee ein Schiff von der Größe eines Kleinfrachters mit einem riesigen SkySail-Lenkdrachen in Fahrt gebracht. Dieser weltweit erste Test eines windgestützten Antriebssystems für Großschiffe wurde von Experten und Studenten der Seefahrtschule Leer in Niedersachsen vorbereitet. Für den Versuch hat die Gesellschaft für innovative Schiffstechnologie in Leer den ausgemusterten Tonnenleger MS BUK übernommen.

SkySail der MS Beaufort

SkySail der MS Beaufort

Das 1969 in Polen gebaute 53 m lange und mehr als 500 t schwere Schiff Spezialschiff, das jahrzehntelang in den ostdeutschen Küstengewässern im Einsatz war, wurde nach Niedersachsen überführt, auf den Namen MS Beaufort getauft und anschließend umgebaut. Von Bord Schiffes steigt nun ein erst 80, später dann 160 Quadratmeter großes Drachensegel in 150 bis 300 m Höhe auf. Der mit Druckluft gefüllte Lenkdrachen, der über eine Zugtrosse mit dem Schiff verbunden ist, unterstützt die Fahrt des Frachters mit Hilfe des Windes.

Vom Einsatz der computergesteuerten Großdrachen könnte nach Ansicht der Experten in einigen Jahren auch die Handelsschifffahrt profitieren. Berechnungen zufolge können mit dem parallelen Einsatz des neuen Antriebs bis zu 50 % des Dieselverbrauchs eingespart werden. Demnach würden sich die Investitionen schon in drei bis fünf Jahren amortisieren. Man rechnet damit, dass weltweit etwa 40.000 Schiffe mit dem patentierten Antriebssystem nachgerüstet werden können.

Mitte Dezember 2007 tauft Bundespräsidenten-Gattin Eva Köhler im Hamburger Hafen die MS Beluga Skysails, den ersten Schwergut-Frachter der Welt, der von einem Motor und einem riesigen Gleitschirm angetrieben wird. Nach der Taufe erhält das Schiff in Bremen eine neu entwickelte Lackschicht, rauh wie eine Haifischhaut, anschließend erfolgen einige Probefahrten. Anfang Januar 2008 soll das Schiff zu einer ersten Reise nach Venezuela und in die USA starten und dabei 20 % – 50 % an Kraftstoff sparen. Ist die Fahrt erfolgreich, will der Bremer Reeder Niels Stolberg, Gründer der Reederei Beluga Shipping, zwei weitere Schiffe umrüsten lassen.

Für die 132 m lange MS Beluga Skysails, die er in den Niederlanden bauen ließ, bestellte Stolberg für 400.000 € bereits im Januar 2006 ein 160 m2 großes Segel aus einem neu entwickelten Stoff. Wenn die Technik ausgereift ist, wird der Drachen computergesteuert in 300 – 500 m Höhe fliegen, und zwar Bahnen in Form einer Acht, was die größte Ausbeute an Energie bringt. Und damit die Besatzung den Kite effektiv einsetzt, sollen 20 % der Einsparungen an die Mitarbeiter an Bord fließen.

Drei bis fünf Jahre dauere es, bis sich das System amortisiert hat, oder noch weniger, wenn die Preise für Energie weiter steigen.

Eine französische Werft will nun auch eine Motorjacht mit dem Segel ausstatten. Skysails hofft 2008 bereits bis zu zehn Schiffe aufrüsten zu können.

Anne Quéméré im Boot

Anne Quéméré im Boot

Später sollen noch größere Drachensegel erprobt werden. Und bis 2013 will das Hamburger Unternehmen mindestens 1,5 Prozent der Welthandelsflotte sowie etwa 250 Superyachten mit dem Windantrieb ausstatten. Das kleinste SkySails-System mit Steuergondel, Start- und Landungssystem soll dann ab 150.000 € erhältlich sein.

Neben vielen anderen Preisen und Auszeichnungen wird SkySails im Juni 2007 auf dem 11. Zukunftskongreß in Kronberg/Ts. auch der Zukunftsaward 2007 als ‚Beste Produkt-Innovation’ verliehen. Auch die Homepage des Unernehmens ist vorbidlich, so z.B. die Übersicht der technischen Entwicklungsschritte.

Auch das Unternehmen KiteShip in Martinez, Kalifornien, beschäftigt sich mit VLFFS-Lenkdrachen (very large free-flying sails) als Antriebsquelle für Schiffe, und es gewinnt 2006 mit seinem Speed Kite den jährlichen California Clean Tech Open, denn der eingesetzte Drachen erreicht eine Zugkraft von 10.000 PS.

Ebenfalls 2006 wird Anne Quéméré zur ersten Person, die den Nordatlantik mit einem Drachen-gezogenen Boot überquert hat… und dies auch noch ganz alleine!