Strömungsenergie

Die Strömungsenergie der Meere

Die selbsterneuernde Strömungsenergie innerhalb der Meere, die hier von Gezeitenströmungen getrennt betrachtet wird, ist in die Summe der starken Hauptströmungen (50 · 109 W) und in die Summe der lokalen Strömungen (ebenfalls 50 · 109 W) aufgeteilt. Allein dem Golfstrom wird eine Leistung zwischen 15 und 25 · 109 W zugeschrieben. Da sich nur relativ wenige Länder resp. Unternehmen mit dieser Technologie beschäftigen habe ich die Darstellung hier entsprechend zusammengefaßt. Zu berücksichtigen gilt ferner die Trennung zwischen den Strömungen, die aufgrund von Erdrotation und thermischen Effekten stattfinden – und den Gezeiten, die ich ja schon behandelt habe. Die in beiden Fällen eingesetzten Geräte sind allerdings weitgehend identisch – sofern es sich um küstenferne Anlagen handelt.

Als besonders geeignete Standorte für Meeresströmungskraftwerke gelten:

Wirtschaftlich ausnutzen lassen sich Strömungen mit einer Geschwindigkeit ab 2 m/s. Das US-Departement of Energy hat bereits Mitte der 1980er Jahre an die ‚AERO Environment Inc.’ in Pasadena einen Auftrag vergeben, der den Bau und Betrieb von 250 Turbinen mit einem Durchmesser von je 20 m zum Inhalt hat. Diese Turbinen sollen dem etwa sechs Knoten schnellen Golfstrom insgesamt 75 MW abzapfen, weiterführende Planungen sprechen von einer 1.000 MW Anlage mit 200 Großturbinen. Diese Pläne sind allerdings bis heute noch nicht umgesetzt worden (Stand 2008).

Auch in England ist man mit der Ausnutzung der Meeresströmungen beschäftigt. Das ‚GEC Hirst Research Lab.’ hat so spezielle Turbinen mit 8 m Durchmesser entwickelt, die bei einer Strömung von 5 m/s eine Leistung von 1 MW haben. Turbinen von 100 m Durchmesser werden an der Read­ing University konzipiert, bei einer Strömung von nur 2 m/s so1len diese Unterwasser-Riesenräder eine Leistung von 10 MW erzielen können, ihre Umdrehungsgeschwindigkeit würde dabei nur 1 U/m betragen. Neben diesen Axial-Strömungsturbinen untersucht und entwickelt in Großbritan­nien besonders die Firma Maldon in Essex spezielle Vertikal- und Horizontalsysteme. Die Versuche werden insbesondere gemacht, um die zwischen den englischen Inseln auftretenden Strömungen zur Versorgung von Inselgemeinschaften auszunutzen.

Gorlov-Turbine

Gorlov-Turbine

Der russigstämmige Professor Alexander Gorlov erhält bereits 1994 sein erstes Patent für die nach ihm benannte Turbine. In den Jahren 1998/1999 wird seine Anlage an den Marine Hydrodynamics Laboratories der Universität von Michigan untersucht. Die leicht verdrillte Abwandlung eines Darrieus-Rotors (s.d.) zeichnet sich insbesondere durch sehr stark reduzierte Vibrationen aus. Als Wirkungsgrad werden 35 % ermittelt. Im Jahr 2001 erhält Gorlov den Thomas A. Edison Patent-Preis für seine Entwicklung.

Die Rechte an der Gorlovs Technik werden später von dem US-Unternehmen GCK Technology in San Antonio gekauft, und obwohl es für die weitere Erforschung der Wasserkraft allein im Jahr 2003 etwa 5 Mio. $ an Fördermitteln gibt, fällt für die Untersuchung an offenen Strömungswandlern nicht ein Cent ab. Einzig private Seiten sind dazu bereit, Arbeiten an dieser Form der Energienutzung finanziell zu unterstützen.

Bereits Anfang 2000 beginnt die Installation des weltweit ersten Strömungskraftwerkes, das als britisch-deutsches Projekt firmiert. Seit einigen Jahren schon in der Planung werden ab 2001 im Bristol Channel vor der Küste Cornwalls die ersten Rotoren installiert. Die Anlage, welche fast wie eine Unterwasser-Windkraftanlage aussieht, nutzt im Gegensatz zu den zuvor genannten Gezeitenkraftwerken nicht den Tidenhub an sich, sondern die durch die Gezeiten verursachten Meeresströmungen. Da die Dichte von Wasser deutlich größer ist als die von Luft, genügt auch das eher gemächliche Tempo von Ebbe und Flut, um große Mengen an Strom zu gewinnen. Für eine erfolgreiche kommerzielle Nutzung müssen allerdings moderate Strömungsgeschwindigkeiten von mindestens 2 bis 2,5 m/sec vorhanden sein.

Rotor, Netzanschluss, Steuerung und Regelung dieser Anlage, welche den Namen ‚Seaflow’ trägt, werden von Mitarbeitern der Universitäts-Gesamthochschule Kassel wissenschaftlich bearbeitet und in Zusammenarbeit mit Komponentenherstellern optimiert. Involviert sind das Institut für Elektrische Energietechnik/Rationelle Energiewandlung und das Institut für Solare Energieversorgungstechnik (ISET) unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Jürgen Schmid. Das internationale Konsortium unter Leitung des Ingenieurbüros IT Power wird auf britischer Seite durch einen Spezialisten für Offshore-Installationen Seacore Ltd. ergänzt. Die Triebstrangkomponenten (Generator, Getriebe etc.) werden von verschiedenen deutschen Herstellern gebaut, die auch Windkraftanlagenhersteller beliefern. Das Projekt, das ursprünglich als rein von der Europäischen Kommission gefördertes Forschungsvorhaben startete, wird inzwischen auch vom Bundeswirtschaftsministerium und vom Britischen Department for Trade and Industry mitfinanziert.

Seaflow-Kaskade

Seaflow-Kaskade (Grafik)

Bei der Seaflow-Pilotanlage wird ein Turm, ein sogenannter Monopile, im Meeresboden verankert. Je nachdem wie tief der Meeresgrund bzw. die Strömung ist, wird ein Rotor mit einem größeren Durchmesser oder zwei an einem Querbalken befindlichen kleinere Rotoren (10 – 15 m Durchmesser) installiert. Die Pilotanlage wurde mit einem Rotor von 15 m Durchmesser ausgestattet. Damit sich die Rotorblätter immer unter der Wasseroberfläche befinden, wird die Rotornabe rund zehn Meter unter dem Gezeiten-Tiefstand angeordnet. Bei Bedarf kann der gesamte Rotor hochgefahren und oberhalb der Wasseroberfläche gewartet werden.

In Abhängigkeit von der Witterung und der Auslastung des für die Installation zuständigen Unternehmens Seacore Ltd. soll die 3,6 Mio. € teure Pilotanlage der Firma Marine Current Turbines (MTC) 2002 installiert werden. Da – ähnlich wie bei einer Windkraftanlage – die Komponenten vormoniert vorliegen, dauert die eigentliche Installation nur wenige Tage.

Die Pilotanlage für Strömungsenergie, welche für eine Nennleistung von 350 kW ausgelegt ist, soll insbesondere Aufschluß über den Energieertrag dieses Systems bringen. Erwartet werden von Experten rund 4.000 Volllaststunden, was in etwa der Nutzungsdauer von Offshore-Windkraftanlagen entspricht. Noch besser als bei großräumig verteilten Windkraftanlagen kann durch eine geschickte räumliche Verteilung der Meeresströmungsturbinen eine zeitliche Verschiebung und dadurch eine gleichmäßigere Stromproduktion realisiert werden. Während bei Wellenkraftwerken die Stromproduktion maßgeblich von der Witterung abhängt und die Anlagen betreffend ihrer Standfestigkeit und Auslegung auf extreme Energiespitzen ausgelegt werden müssen, garantieren Meeresströmungen und Gezeiten eine kontinuierlichere Stromproduktion. Lediglich bei Höchst- und Niedrigstand des Wassers ist keine Strömungsgeschwindigkeit vorhanden. Außerdem beeinflussen extreme Energiespitzen wie bei Stürmen die Unterwasseranlage nur unwesentlich.

Die größten Potenziale für Strömungskraftwerke nach dem Seaflow-Prinzip liegen außerhalb Europas. Doch selbst in Europa sind bislang schon über 100 Standorte bekannt, die sich für eine Energiegewinnung aus Meeresströmungen eignen würde. Diese befinden sich vor allem entlang der britischen, französischen, portugiesischen und spanischen Küste. Nach einer ersten unvollständigen wissenschaftlichen Studie beträgt das Potential in Europa 12.000 MW. Ähnlich wie dies bei der Suche nach geeigneten Standorten für Windkraftanlagen bereits der Fall ist, befindet sich ein Simulationsprogramm in der Entwicklung, welches die Strömungen in Abhängigkeit der Meeresbodenprofile simuliert. Dadurch wird zukünftig eine schnellere und aussagekräftigere Suche nach geeigneten Standorten möglich sein.

Die Patente sowie die Verwertungsrechte an Seaflow sind in Besitz der neu gegründeten Marine Current Turbine Ltd. (MCT). MCT bietet den Rahmen für eine finanzielle Beteiligung aus der Industrie, um Kraftwerksparks mit einer Gesamtleistung von 5 bis 10 MW mittelfristig realisieren zu können. Im April 2005 gibt das Unternehmen bekannt, daß der 300 kW Experimental-Prototyp nahe Lynmouth die erwartete Leistung zu 100 % erreicht. Die jeweils 500 – 1.000 kW leistenden Rotoren sollen ihre Markteinführung im Jahr 2007 oder 2008 erreichen.

Bereits Anfang 2008 sollen an der Küste Nordirlands die Demonstrationsanlagen von drei Gezeiten-Generatoren zusammen 1,2 MW erzeugen. Wie im August 2007 bekannt wird ist auch eine Seaflow-Anlage mit dabei.

Sea Snail Versuchsanlage

Sea Snail

Ebenfalls in Schottland befindet sich an der Robert Gordon University in Aberdeen das Centre for Research in Energy and the Environment. Hier erfolgen ab 2003 Untersuchungen an Meeresströmung-Energieanlagen. Unter dem Namen Sea Snail wird ein kombiniertes System entwickelt, das aus einem Rotor und mehreren Tragflächen besteht. Der erste Prototyp hat eine Leistung von 150 kW und wird im Eynhallow Sound getestet.

Auch diese Konstruktion wird ausgewählt, um in Form einer 30 t schweren Versuchsplattform mit einer Leistung von 750 kW ab 2006 in Orkney einem Praxistest unterzogen zu werden.

Schon seit den 1990er Jahren entwickelt das norwegischen Unternehmens Hammerfest Strøm neuartige Strömungs-Turbinen, die gemeinsam mit anderen Industriepartnern wie ABB und Rolls-Royce sowie verschiedenen wissenschaftlichen Instituten gebaut und getestet werden. Die horizontal angebrachten Rotorblätter haben eine Länge von 15 – 16 m und stellen sich automatisch der Strömungsgeschwindigkeit und -richtung nach. Die Stromgeneratoren sind gekapselt und für den Unterwasserbetrieb konzipiert. Im Unterschied zu den Türmen von  Windkraftrotoren sind die Trägerstrukturen unter Wasser schräg errichtet, um den wesentlich höheren Druckkräften dieser Umgebung besser entgegenwirken zu können. Der Bau der Demonstrationsanlage in 17 m Tiefe in der Meerenge zwischen Kvalsund und Hammerfest, wo eine maximale Strömungsgeschwindigkeit von 2,5 m/s vorherrscht wurde 2002 beendet, 2003 erfolgt dann der Anschluß an das Stromnetz. Im Laufe des Jahres 2004 sollten insgesamt 20 Turbinen installiert werden. Der erwartete Output beträgt 32 GWh, und das Investitionsvolumen wird mit 100 Mio. Norwegische Kronen angegeben.

Bereits 1997 hat Gerhard Steinmüller aus Schulzendorf bei Berlin das Patent Nr. 195.25927.0 angemeldet, das aus einem U-Boot-ähnlichen Hohlkörper und Propellern mit Spannweiten von 40 bis 90 m besteht und damit eine Alternative zu den fest fundamentierten Systemen – wie dem Seaflow z.B. – bildet.

Singray Generator Grafik

Singray Generator (Grafik)

Die 1997 gegründete britische Firma Engineering Business Ltd. (EB), die sich auch mit Offshore- und Nukleartechnologien beschäftigt, besitzt ihrerseits das Patent für den Stingray Tidal Stream Generator. Dieser 180 t schwere Energiekonverter besteht aus einer Standsäule mit Auslegern (ähnlich dem unteren Teil eines Bürodrehstuhles) und soll im Yell-Sund bei den Shetland-Inseln auf dem Meeresgrund verankert werden. Der obere Teil, der aber gleichfalls völlig im Wasser verschwindet, besteht aus einem Wippenarm, an dessen freiem Ende ein horizontaler, hydrodynamisch geformter Kippflügel befestigt ist. Durch die Kraft der Meeresströmung wird der Arm auf und nieder bewegt und erzeugt über einen Hochdrucköl-Kreislauf und einen angekoppelten Generator innerhalb der Standsäule elektrischen Strom.

Gesponsert mit rund 60 Mio. € vom britischen Handels- und Industrieministerium werden im Rahmen eines Dreijahres-Programms umfangreiche Tests an der Stingray-Technologie durchgeführt, doch Tony Trapp, Chef des Unternehmens, kommt 2005 nach dem Bau und der Installation einer riesigen Demonstrationsanlage zu dem ernüchternden Schluß, daß weder sein Apparat, noch andere Gezeitenkraftwerke je kostendeckend arbeiten würden.

Ebenfalls in Schottland befindet sich an der Robert Gordon University in Aberdeen das Centre for Research in Energy and the Environment. Hier erfolgen ab 2003 Untersuchungen an Meeresströmung-Energieanlagen. Unter dem Namen Sea Snail wird ein kombiniertes System entwickelt, das aus einem Rotor und mehreren Tragflächen besteht. Der erste Prototyp hat eine Leistung von 150 kW und wird im Eynhallow Sound getestet.

Auch diese Konstruktion wird ausgewählt, um in Form einer 30 t schweren Versuchsplattform mit einer Leistung von 750 kW ab 2006 in Orkney einem Praxistest unterzogen zu werden.

Verdant Rotor Grafik

Verdant Rotor (Grafik)

Die Verdant Power LLC in Arlington, Virginia, wird im März 2000 gegründet, nachdem das Team zwei Jahre lang Versuche mit ihrem selbstentwickelten Prototypen einer ‚free-flow Turbine‚ durchgeführt hatte. Das Untenehmen arbeitet in den Folgejahren an verschiedenen Konzepten wie der ‚Gorlov Helical Turbine’ (GHT), der ‚CycloTurbine’ oder der ‚Instream Energy Generation Technology’ (IEGT).

Gemeinsam mit der New York Power Authority (NYPA) und der New York University (NYU) forscht man außerdem an einer ‚konventionellen’ Dreiblatt-Struktur, die nach diversen Tests als Prototyp erstmals in Pakistan entwickelt, hergestellt und getestet wird.

Nach einer weiteren Demonstrationsanlage 2003 im East River von New York City plant man für 2006 eine Pilotanlage, bei der – vorerst befristet – sechs jeweils 5 m durchmessende Axialturbinen im Flussbett installiert werden sollen. Der East River ist im Grunde kein richtiger Fluss – er verbindet vielmehr den Meeresarm Long Island Sound mit dem New Yorker Hafen und damit dem Atlantik. Die Strömung ist mit 7,4 km/h so stark, daß es ein Unterwasserturbinenkraftwerk lohnenswert erscheinen läßt.

Bis 2008 sollen sich hier jedenfalls im Abstand von bis zu 30 m und auf einer Länge von 1,5 km zwischen 200 und 300 Rotoren drehen. Mit geschätzten 10 MW könnten sie 8.000 Haushalte mit Strom versorgen, bei Kosten, die etwa denen der Windenergie entsprechen.

Im August 2006 investiert die Tudor Investment 7,5 Mio. $ in die Entwicklung von Verdant, ein weiterer gleichgroßer Betrag wird für Anfang 2007 anvisiert.

Im April 2007 meldet die Presse, daß Verdant – nach neun Jahren, vier verschiedenen Prototypen und fünf unterschiedlichen Ansätzen – nun damit begonnen hat, fünf weitere seiner knapp 5 m durchmessenden Unterwasserturbinen in New Yorks East River abzusenken. Der Strom des bereits zuvor installierten ersten dreiblättrigen Axialrotors (35 kW) hatte einen Supermarkt in Manhattan sowie ein Parkhaus mit Strom versorgt, wo sich Elektrofahrzeuge mit Gezeitenstrom aufladen ließen. Neben dem erwarteten Gesamtertrag von 175 kW wird eine sechste Turbine, die mit diversen Meßinstrumenten ausgestaltet ist, das Gebiet überwachen und den Einfluß der Anlagen auf das marine Leben aufzeichnen.

Die sechs Anlagen müssen allerdings im August 2007 schon wieder aus dem Fluß gehoben werden, um repariert um umkonstruiert zu werden. Die starke Strömung hatte die Rotorblätter beschädigt. Schon zuvor waren mehrere Blätter abgebrochen und durch stärkere ersetzt worden.

Eines der weniger konventionellen Modelle bildet die ‚Cycloidal Turbine’ – die unweigerlich an einige Windkraftsysteme erinnert, die auf der ursprünglichen, persischen Rotorform beruhen (s.d.). Das Rad dieser Turbine ist mit einer Anzahl von ‚Paddeln’ bestückt, die individuell verstellt werden können, so daß das Resultat aus Widerstand und Auftrieb jeweils einzeln optimiert werden kann. Über eine praktische Umsetzung ist noch nichts bekannt.

Im Februar 2006 gibt die Bermuda Electric Light Company Limited (BELCO) bekannt, daß man mit dem Unternehmen Current to Current Bermuda Limited (CCB) einen Vertrag zur Errichtung eines 20 MW Strömungskraftwerkes geschlossen habe. Die ersten 10 MW sollen Ende 2007 in Berieb gehen. BELCO ist der alleinige Stromversorger der Insel, während die CCB eine Tochter des US-Unternehmens Current to Current Corporation in Massachusetts, das die Patente für die Entwicklungen des Teams um Manfred Kuehnle hält.

Rotoren der Florida University Grafik

Rotoren der Florida University
(Grafik)

Auch die Florida Atlantic University arbeitet an Strömungsturbinen, die im Golfstrom eingesetzt werden sollen.

Vom Wissenschaftsrat des Staates bekommt die Universität Ende 2006 einen Betrag von 5 Mio. $ zur Gründung des ,Florida Center of Excellence in Ocean Energy Technology’ (CEOET), das sich primär mit der Nutzung der Meeresströmung im Golfstrom beschäftigen soll und dabei mit einer ganzen Reihe von Institutionen und Firmen zusammenarbeiten wird: die U.S. Navy, die U.S. Department of Energy, das National Renewable Energy Laboratory, die Unternehmen Florida Power & Light, Ocean Renewable Power, Lockheed Martin, Clipper Windpower, Oceaneering sowie Aquantis, der University of Central Florida, der Nova Southeastern University und der Harbor Branch Oceanographic Institution.

Mit den hier entwickelten und Ende 2007 vorgestellten frei schwimmenden Strömungsturbinen könnte man ein Drittel der Stromversorgung des Bundesstaates decken. Zu diesem Zeitpunkt arbeitet man bereits an einem großen 20 kW Demonstrationsmodell, das ein wenig wie ein rumpfloses Flugzeuge aussieht. Die beiden Dreiblattrotoren haben jeweils einen Durchmesser von 3 m. Dieses Modell soll im Folgejahr mindestens zwei Wochen lang in Betrieb gehen, um erste praktische Meßergebnisse zu beschaffen.

Neo-Aerodynamic Turbine

Neo-Aerodynamic

Im Juni 2007 berichten Blogs über Phi Tran, der eine Turbine entwickelt hat, die sowohl in der Luft als auch im Wasser eingesetzt werden kann. Die Neo-Aerodynamic Turbine ist ein Senkrechtachser mit vier segmentierten Klappflügeln, die ein aerodynamisches Profil aufweisen. Als erster Schritt produzierte das Unternehmen 10 Beta-Modelle, die international verteilt und dort praktisch erprobt werden sollen.

Das Unternehmen Neo-Aerodynamic Ltd. Co. befindet sich in Cypress, Texas, und will bis Ende 2007 bereits 1.000 Privathäuser ausgerüstet haben. Im Laufe des Jahres 2008 sollen dann fünf verschiedene Geräte vorgestellt werden – sowohl Windkraftanlagen als auch Anlagen zur Nutzung von Meeresströmungen. Ob allerdings der Sprung von einem 10 kW System zu einer anvisierten Anlage mit 3 MW in so kurzer Zeit gelingen wird, erscheint mir als sehr fraglich.

Ebenfalls Mitte 2007 wird in den Blogs die patentierte S-Turbine des australischen Farmers und Erfinders Fred Sundermann vorgestellt, die immerhin schon 1 kW produziert. Für ein Projekt in Port Phillip gibt es bereits größere Pläne: Dort sollen in einer Tiefe von 25 m insgesamt 36 Turbinen installiert werden, die dann gemeinsam 1.260 MW erzeugen. Die S-Turbine würde sich von anderen Systemen darin unterscheiden, daß ihre Konstruktion das Wasser zwingt, den Weg durch die Rotorschaufeln zu nehmen und nicht daran vorbei.

Eine völlig andere technische Methode als alle zuvor genannten wird ebenfalls um 2007 herum bekannt. Die hierfür verantwortliche Vortex Hydro Energy LLC (VHE) in Michigan ist 2004 mit dem Ziel gegründet worden, die firmeneigene VIVACE-Technologie (Vortex Induced Vibrations Aquatic Clean Energy) umzusetzen, um günstige, saubere und erneuerbare Energie sowie Trinkwasser bereitzustellen.

Grafik einer Vortex Hydro Energy Anlage

Vortex Hydro Energy
(Grafik)

Dabei wird das ‚ausgiebig untersuchte’ Phänomen angewandt, mittels Wirbel-induzierter Schwingungen aus den Strömungen des Meeres nützliche Energie zu extrahieren. Immerhin hätte schon Leonardo da Vinci dieses Phänomen in Form der Aeolsharfe beobachtet, einem Instrument, dessen Saiten durch Einwirkung eines Luftstroms zur Resonanz und somit zum Klingen gebracht werden.

Aus der Präsentation des Unternehmens kann man entnehmen, daß es bei ihren VIVACE-System um an Federn montierte querliegende Röhren geht, die im Wasserstrom auf und ab zu schwingen beginnen und dabei rotationsfrei elektrischen Strom induzieren. Auf seine Homepage präsentiert das Unternehmen die 2007 an der Universität von Michigan durchgeführten Untersuchungen in Form diverser Papers und Powerpoint-Präsentationen, wobei hier ein Wirkungsgrad von 32 % genannt wird.

Grenzen der Nutzung der Strömungsenergie

Die Grenzen dieser Strömungsenergienutzung beginnen mit der Schwierigkeit einer im voraus realistisch zu berechnenden späteren Energieleistung – da sogar der Golfstrom seine Unregelmäßigkeiten hat. Vergleicht man Meeresström­ungskraftwerke mit Laufwasserkraftwerken auf dem Land, so sind erstere eigentlich unwirtschaftlich.

Neben den hohen Investitionskosten bilden die notwendige Verankerung oder die massive Fundamentierung der Kraftwerkskomponenten ebenso große Probleme wie die Wartung der Anlagen. Es kann bei einer zu großen Energieentnahme zu Störungen innerhalb der Strömung kommen, auch können Wechselwirkungen mit Gezeiten­strömungen nicht ausgeschlossen werden. Das Resultat könnten wiederum Klimastörungen sein.

Sind die Anlagen allerdings zu klein, werden sie eventuell von der Meeresströmung umflossen und der Aufwand war vergebens. Weiterhin befürchtet werden auch Störungen der Schiffahrt und des Fischfangs, um nur einige zu nennen.

Als nächstes kommen wir zu dem sehr umfangreichen Gebiet der Nutzung von Wellenenergie.