Deutschland ein Klimaschutz-Drückeberger

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Frankfurt –

Deutschland ein Klimaschutz-Drückeberger

WWF: Bundesregierung will Klimaschutz ins Ausland verschieben

Berlin, 17.11.2008 – Der WWF kritisiert, die Pläne der Bundesregierung, die der deutschen Industrie erlauben will, einen Großteil ihrer Klimaschutzverpflichtungen im Ausland zu erbringen. Eine neue Berechnung des WWF zeigt, dass die Klimaschutzanstrengungen der EU dadurch massiv ausgehöhlt würden. Die Klimaschutzverpflichtung für die Industrie in Deutschland würde drastisch schrumpfen. Über 80 Prozent (bei 20 Prozent Reduktion der EU gegenüber 1990) bzw. 72 Prozent (bei einem 30prozentigen Reduktionsziel) der angestrebten Reduktion könnte im Ausland erbracht werden. Schon der aktuelle Vorschlag der Europäischen Kommission und des EU-Parlaments kommt der Industrie stark entgegen: Betrachtet man den Zeitraum von 2008 bis 2020, können die deutschen Anlagenbetreiber bis zu 61 Prozent ihrer Einsparungsverpflichtung durch den Kauf von Verschmutzungszertifikaten aus dem Ausland erfüllen. Deutschland ist selbst mit diesem sehr hohen Anteil nicht zufrieden. Statt ihre Emissionen zu vermindern, könnte die EU dann ihre Emissionen erhöhen.

„Die Strategie führt die Klimapolitik Deutschlands sehr schnell in eine Sackgasse“, erläutert Regine Günther, Leiterin Energie und Klima beim WWF Deutschland. Wichtige Investitionen in CO2-arme Wirtschaftsweisen würden unterbleiben. „Werden die Emissionsminderungen bis 2020 zu diesem hohen Anteil ins Ausland verschoben, verzögert das den nötigen Strukturwandel innerhalb Deutschlands und Europas“, so Günther. „Mit diesen Ausweichstrategien werden wir es nicht schaffen, Europas Wirtschaft zukunftsfähig zu machen. Europa würde vom Vorreiter zur lahmen Ente der Weltklimapolitik. Wie kann Deutschland erwarten, dass andere Staaten ebenfalls zu ambitionierten Klimaschutzzielen verpflichten, wenn es selbst nicht bereit ist, einen wesentlichen Teil der Emissionsminderung zu Hause zu erbringen“.

Offiziell muss die deutsche Industrie ihre Emissionen bis 2020 von 485 auf 453 Millionen Tonnen zurückfahren. Über den so genannten Clean Development Mechanism (CDM) können Industrieländer Gutschriften aus Emissionsminderungsprojekten außerhalb der EU als Nachweis für die Erfüllung ihrer Emissionsverminderungsverpflichtungen anerkennen lassen. In der Praxis heißt dies, dass sie genauso viel CO2 wie zuvor ausstoßen, und ihre Minderungen im Ausland machen. Bis 2008 bis 2012 darf die Industrie, 90 Mil-lionen Tonnen CO2 zusätzlich emittieren, wenn sie entsprechende CDM-Zertifikate aufkauft. Derzeit wird verhandelt, wie hoch dieser Anteil für die Handelsperiode von 2012-2020 sein darf. Dabei stehen derzeit so viele unterschiedliche Berechnungen im Raum, dass der WWF mit seiner neuen Untersuchung Klarheit über die Zahl der CDM-Zertifikate schafft.

Der CDM ist einer der flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls. Für jede in einem solchen Projekt eingesparte Tonne CO2 erhalten die Investoren ein Zertifikat, mit dem sie in Europa im Emissionshandelssystem eine Tonne CO2 ausstoßen dürfen. Damit wird der CDM zum Nullsummenspiel für das Klima. Der WWF sieht das Instrument CDM prinzipiell als sinnvollen Mechanismus zur Unterstützung der Entwicklungsländer auf dem Weg in eine klimafreundliche Wirtschaftsweise an. Die Naturschutzorganisation fordert aber, dass die Reduktionen aus diesen Projekten nur zusätzlich zu den Reduktionsverpflichtungen der Industrieländer zugelassen werden.

Weitere Informationen:
Die Kurzanalyse „Nutzungsgrenzen für CDM- und JI-Gutschriften im Rahmen des EU-Emissionshandels für Deutsch-land im Zeitraum 20008-2020“ wurde vom Öko-Institut erarbeiet und kann über www.wwf.debezogen werden.

Regine Günther, Leiterin Klima und Energie, Tel.: 030 / 30 87 42-18, E-Mail: regine.guenther@wwf.de
Jörn Ehlers, Pressestelle WWF Deutschland, Tel.: 0 30/30 87 42-12, E-Mail: joern.ehlers@wwf.de/new/pmcounter.cfm?n_pinr_=346471″ width=“1″ height=“1″>