Wasserentsalzung mit Solarenergie
Solare Wasserentsalzung mit Solarenergie
Solare Entsatzung arbeitet sowohl im nieder- wie auch im hochthermischen Bereich. Letztere Anlagen behandele ich dort unter dem Oberbegriff Solare Meerwasserentsalzung. Hier geht es dagegen um kleine bis Kleinstanlagen, die insbesondere für einen breiten Einsatz in Ländern der 3. Welt geeignet sind.
Das ‚RSD Rosendahl System’ ist ein einstufiges Verfahren, bei dem ausschließlich über Sonneneinstrahlung jegliche Art von Rohwasser wie Salz-, Brack- oder verschmutztes Süßwasser verdunstet und das Destillat unter einer kühleren Glasoberfläche vom Rohwasser getrennt wird. Diese, um 1985 von Wilfried Rosendahl aus Hannover entwickelte Technik, wird inzwischen in Form hunderter Anlagen in diversen Ländern der Erde eingesetzt. Er lizenziert sie persönlich und leitet den Bau auch selbst vor Ort an. Je nach Klima und Bauart können direkt im Flachkollektor täglich etwa 6 l Destillat pro m2 Absorberfläche gewonnen werden. 1999 wird das System in den USA von der ‚Water Quality Association’ mit einer Goldmedaille für beste Trinkwasserqualität ausgezeichnet.
Weitere Entwicklung stellt das Multi Effect Humidification/Dehumidification-Verfahren (MEH) dar, das auf einer Trennung von solarem Energiegewinnungsteil und Entsalzungsapparatur beruht. Die Funktionsweise basiert auf der Verdunstung von erwärmtem Salzwasser und anschließender Kondensation der entstandenen feuchten Luft, wobei die Luft zwischen Verdunster und Kondensator allein auf Grund der Dichte- und Konzentrationsunterschiede zirkuliert. Für die Gewinnung der Antriebswärme werden hocheffiziente Sonnenkollektoren eingesetzt, mit einer Prozeßtemperatur von (nur) 85°C und einem Wirkungsgrad von über 50 %. Dieses Verfahren wird ab 1992 am Bayerischen Zentrum für angewandte Energieforschung zur Anwendungsreife geführt und inzwischen von dem Titan-Absorber Unternehmen TiNOX GmbH in München kommerziell umgesetzt. Die Herstellung erfolgt in der österreichischen Fabrik der MAGE-TiNOX Gruppe in Haimburg.
Im März 2006 wird von der deutschen Citrin Solar in Jeddah eine MidiSal TM 5000 Einheit mit 140 m2 Solarkollektorfläche in Betrieb genommen, die einen Tagesausstoß von 5 m3 Trinkwasser hat. Angeboten werden ferner Anlagen für 2,5 m3 bzw. 10 m3 Wasser täglich.
Eine der einfachsten und wohl auch genialsten Umsetzungen der solaren Meerwasserdestillation stellen durchsichtige kegelförmige Schwimmhüte aus UV-resistentem Makralon dar, die eine nach innen gewölbte Auffangrinne besitzen, und die man auf der Salzwasseroberfläche schwimmen läßt. Das salzige oder verschmutzte Wasser verdunstet durch die Sonneneinstrahlung und kondensiert an der Innenseite des Kegels. Wassertropfen bilden sich und laufen auf der Innenseite der Kegelwand herab in die Auffangrinne. Entleert wird diese, indem man den Deckel an der Spitze abnimmt und den Inhalt durch langsames Drehen des Kegels um 180° ausschüttet.
Das von dem Münchner Stephan Andreas Augustin 1999 erfundene und später uner dem Namen Watercone vermarktete System kann ebensogut auch auf Schmutzwasserpfützen bzw. Sumpfflächen eingesetzt werden. Oder es bekommt eine schwarze Bodenwanne und funktioniert dann auch auf dem Trockenen. Die Mini-Solardestillen haben einen Durchmesser von 60 – 80 cm, eine erwartete Lebensdauer von 3 – 5 Jahren, liefern täglich 1 – 1,7 l sauberes Wasser, und GTZ-Messungen ergaben einen Wirkungsgrad von 40 %.
Seit 2003 erscheinen diese 3.-Welt-Solardestillen zwar immer wieder in der Presse, werden in Rundfunk und Fernsehen erwähnt, mehrfach ausgezeichnet sowie international ausgestellt – doch trotz ihres niedrigen Preises unter 20 €, der geringen Größe und der technischen Unkompliziertheit verbreiten sie sich in Gebieten mit schlechter Trinkwasserversorgung lange nicht so schnell, wie man es sich wünschen würde. Nun engagiert sich die Hans-Hauer-Stiftung aus Deisenhofen finanziell und startet im Jemen zwischen November 2003 und Januar 2004 mit 100 Stück das erste Pilotprojekt zur Alltagstauglichkeit: ‚Watercones – East of Aden’. Dabei werden in einem kleinen Fischerdorf 10 Familien mit jeweils 10 ‚Watercones’ zu Trinkwassergewinnung ausgestattet.
Mitbeteiligt sind CARE Deutschland (Schirmherr, ständiger Projektassistent), CARE Jemen (Hilfe in Verwaltungsangelegenheiten), das Wissenschaftszentrum Umwelt (WZU) der Universität Augsburg (wissenschaftliche Leitung, Doktorand), die BAYER AG (Material, PR), die Zeltec Distributions GmbH (Herstellungskosten) und die UNICEF Jemen (unabhängiger Beobachter).
Die Test-Ergebnisse zeigen, daß die Wasserqualität den WHO-Normen entspricht, und nach Angaben der Nutzer würde der Geschmack des mit dem ‚Watercone’ gewonnenen Wassers den des kaufbaren Flaschenwassers sogar übertreffen!
Im März 2007 will das US-Unternehmen Open Energy Corp. seine Suncone Solarkonzentratoren auf den Markt bringen. Über diese Technologie haben wir bereits im Kapitel Optimierungs- und Verstärkungstechniken berichtet (s.d.).
Es handelt sich hierbei um eine Gruppe zusammenfaltbarer, konischer thermischer Konzentratoren, welche die Sonnenstrahlen wie in einem Trichter aus einem Aluminium-beschichteten Kunststoff bündeln. In Verbindung mit einer dampfbetriebenen ‚Kinetic Pump’ läßt sich die Anlage zur Meerwasserentsalzung einsetzen.
Im Mai 2007 präsentieren Ingenieure der New Mexico State University um Prof. Nirmala Khandan eine weitere preisgünstige Alternative um Meerwasser zu entsalzen, die sogar rund um die Uhr funktionieren soll. Ein auf dem Campus der NMSU in Las Cruces errichteter Prototyp kann einen 4-Personen-Haushalt versorgen.
Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesystem ISE in Freiburg stellt Anfang 2008 die in den letzten Jahren mit EU-Förderung entwickelten kleinen, dezentralen Entsalzungsanlagen mit autonomer Energieversorgung aus Solarenergie vor, die auf der Membrandestillation basieren und frisches Trinkwasser produzieren. Die Forscher haben bisher zwei unterschiedliche Systeme realisiert: Ein Kompaktsystem für etwa 120 l Frischwasser pro Tag mit 6 m2 thermischen Solarkollektoren, einem kleinen Photovoltaikmodul zur Versorgung der Pumpe und dem Entsalzungsmodul, sowie ein Zwei-Kreissystem, bei dem mehrere Entsalzungsmodule parallel geschaltet und dadurch auch mehrere Kubikmeter Wasser pro Tag aufbereitet werden können. Die Kosten für einen Kubikmeter Trinkwasser liegen allerdings noch bei etwa 10 €, viel zu viel für die meisten armen Länder. Erste Testanlagen in Gran Canaria und Jordanien laufen bereits seit einiger Zeit erfolgreich, weshalb die Forscher auch planen, ihre Anlagen ab Mitte des Jahres über ihre neugegründete Firma ‚SolarSpring’ zu vermarkten.
Auf der Veranstaltung ‚Technologie als Brücke’ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften im Februar 2008 präsentiert der Vorsitzende des bereits 2003 gegründeten und sehr aktiven Duisburger Vereins ‚Deutsche Meerwasserentsalzung e.V.’ Claus Mertens auch die neuesten Entwicklungen im Bereich der solaren Meerwasserentsalzung – und nennt außerdem die jüngsten Schritte beim Projekt Friedenskanal, das ebenfalls mit einem Entsalzungsprojekt gekoppelt ist (s.d.).
Im Juni 2008 wird der Verein in Jülich das anderthalbtägige Seminar ‚Desalination and Renewable Energies’ veranstalten.