Luftdruckmotor
Luftdruckmotor Luftdruckauto
Viel Interesse wird der Druckluft im Verkehrs- und Transportwesen entgegengebracht. Der französische Physiker und Mathematiker Denis Papin (1647 – 1712) schlägt bereits 1687 der Société Royale in London den Einsatz von Druckluft vor, um Energie von einem Ort zum anderen zu transportieren. Es dauert allerdings bis 1838, bis Andraud und Tessié du Motay ein Fahrzeug konstruieren, das mittels Druckluft fortbewegt und 1840 in Paris öffentlich vorgestellt werden kann, das Pressluftauto war geboren.
Ebenfalls 1838 erhält der Wiener Pfarrer Andorfer ein Patent auf seine durch Preßluft angetriebene Lokomotive. 1872 beginnt dann der Franzose Louis Mékarski mit seinen Arbeiten, Straßenbahnen der Creusot-Werke für den Druckluft-Betrieb umzubauen, und die Versuche laufen von 1876 bis 1879, als auf der Strecke ‚Tramways-Nord’ der erste reguläre Betrieb zwischen Doulon und Chantenay bei Nantes aufgenommen wird. Im Laufe der folgenden zehn Jahre werden noch weitere Orte an das Druckluft-Straßenbahnnetz angeschlossen, sobald dort Nachfüllstationen aufgebaut worden sind. Eine der Mékarski-Straßenbahnen, die 1917 aus dem Verkehr genommen wurde, ist die einzige Überlebende jener Epoche – sie befindet sich heute im Besitz des AMTUIR-Museums (Musée des transports urbain, interurbain est ruraux) in Colombes.
Ebenfalls in der 1970er Jahren soll Vittorio Sorgato aus Mailand ein beeindruckendes Luftdruckauto gebaut habn, das in flüssiger Form gespeicherte Druckluft verwendete. Diese Idee fand in Italien zunächst großen Anklang, geriet aber trotzdem schnell wieder in Vergessenheit.
Ohne Datum ist der Bericht über einen gewissen Joseph P. Troyan, der ein (Druck-?)luftbetriebenes Schwungrad erfand, das nach dem Prinzip der ‚Verhältnissteigerung von Bewegung in einem geschlossenen System’ ein Auto antreiben konnte. Dieser Troyan-Motor (US-Patent Nr. 040.011) konnte auch leicht an einen Generator angeschlossen werden.
Und David McClintock, der auch als der ursprüngliche Erfinder des Differential-Getriebes gilt, erfand einen Luftdruckmotor (US-Patent Nr. 2.982.261), der keinen Kraftstoff verbraucht, sondern sich mithilfe seines eigenen Luftkompressors selbst antreibt. Es soll sich um eine Kreuzung zwischen einem 3-Zylinder-Diesel und einer Rotationsmaschine mit verschiedenen Getrieben gehandelt haben, nähere Informationen sind mir nicht bekannt.
In unserer Zeit besteht das größte Interesse daran, ein Druckluft-betriebenes Auto bis zur Serienreife zu entwickeln, und verschiedene Unternehmen beschäftigen sich auch schon mit dieser Thematik. Am bekanntesten ist wohl Guy Nègre, der mit seinem Franchisekonzept (modular aufzubauende Komplettfabriken für begrenzte Lizenzgebiete) gleich den ganzen Erball aufrollen will… nur daß seine Wagen nicht so rollten wie sie sollten:
Der aus Narbonne stammende Ingenieur Nègre beginnt 1991 mit der Entwicklung eines Druckluftautos. Das Modell CityCAT (Compressed Air Technologies), das er 1997 fertig stellt, soll in erster Linie als Taxi zum Einsatz kommen. In den Folgejahren werden diverse Konzeptstudien daraus abgeleitet – angefangen von einer luxuriösen 4-Sitzer Business-Version bis hin zu Kleintransportern für den innerstädtischen Lieferbetrieb. Der spätere MiniCAT, der für 8.000 € auf den Markt kommen soll, hat drei Sitzplätze vorn, mit einen zentralem Steuersitz, ist 2,65 m lang, wiegt 550 kg und soll eine Reichweite von 150 km haben. Die Druckluftflasche ist unter den Sitzen angebracht.
Auf dem Pariser Automobilsalon im Oktober 2002 stellt Nègres Firma MDI den mit Druckluft und Wasserstoff angetriebenen Aircar vor. Herz des 3,84 m langen und 720 kg leichten Sechs-Sitzers ist ein Vierzylinder-Motor mit 800 cm3, der über eine zusätzliche Reaktionskammer verfügt. In dieser Kammer herrscht ein Druck von 20 Bar bei 400°C. Dort hinein wird kalte Druckluft (aus in den Wagenboden eingebaute Flaschen) gespritzt, die sich blitzschnell ausdehnt und den Kolben antreibt. Dieses wiederholt sich für jeden Arbeitsgang der beiden Zylinder. Mit seiner auf 90 Liter komprimierten 90-Kubikmeter-Füllung hat der Wagen eine Reichweite von 200 – 300 km, seine Höchstgeschwindigkeit liegt bei 110 km/h. Die wageneigenen Druckluft-Flaschen lassen sich in 3 Minuten an einer Druckluftstation oder in 4 Stunden durch einen mitgelieferten elektrischen Kompressor wieder befüllen. Die Kosten pro Tankfüllung liegen unter 2 €. Bislang nur als Konzeptstudie existiert der MultiCAT, der als größerer Lieferwagen oder als Kleinbus zum Einsatz kommen soll.
Besonders großen Einsatz zeigt die MDI bei der Akquise von Lizenznehmern, die einen nach Einwohnerzahlen aufgeschlüsselten Absatzbereich zugesprochen bekommen, für den sie dann auf eigene Kosten Lizenzwerke aufbauen müssen, in denen die Wagen gefertigt werden. Es werden globale Claims abgesteckt und das Unternehmen behauptet bereits 2002, weltweit schon 62 solcher Lizenznehmer als Vertragspartner gefunden zu haben – wobei der Gebietsschutz jeweils 300.000 € kostet! Die MDI-Fertigungshallen inklusive Produktionsanlagen, Schauraum und Büros schlagen dann nochmals mit 9,2 Mio. € zu Buche.
Im Laufe der vergangenen Jahre wurden seitens Guy Nègre jedoch so viele Versprechungen gemacht, die dann nie erfüllt wurden, daß sich eine ganze Reihe früherer Partner wieder von ihm getrennt haben und zum Teil sogar Anzeige wegen Betrugs gestellt haben.
Insider erwarten nicht, daß seine Fahrzeuge jemals tatsächlich in Produktion gehen, auch die seine Nominierung zum Eurosolarpreis wurde wieder zurückgezogen.
Im Jahr 2005 tritt die Magesa Trust GmbH aus dem schweizerischen Trimmis auf (ein ehemaliger Lizenznehmer von MDI) und gibt bekannt, daß man im Oktober 2006 mit der Serienproduktion des Aircar Modular 4 beginnen werde, bei dem ein selbstentwickelter 6 Zylinder mit 600 cm3 zum Einsatz kommen soll. Bis dahin erfolge die Beendigung der Testphase und die Herstellung der ersten Vorserie. Als Preis des Wagens in der Grundausstattung wird ein Betrag unterhalb von 10.000.- € genannt. Laut eigenen Angaben habe das Unternehmen bereits 45.000 Vorbestellungen.
Über ein weiteres Luftdruck-Auto wird aus Australien berichtet, wo es von dem Motordesigner Angelo Di Pietro beim Unternehmen Engineair Pty Ltd. in Melbourne entwickelt wurde. Die Petro, 1950 im italienischen Avellino geboren, arbeitete 1969 und 1970 im Stuttgarter Entwicklungslabor von Mercedes Benz am Wankel-Motor, und wanderte 1970 nach Australien aus. 1999 meldet er einen Durchbruch bei der Entwicklung eines besonders effizienten Motors und gründet ein Jahr später die Engineair. Die neuen Luftdruckmotoren werden erfolgreich in kleineren Fahrzeugen, Rollern und sogar als Außenborder für Boote getestet. Im August 2004 stellt das Unternehmen einen marktreifen kleinen, Druckluft-betriebenen Transporter vor, außerdem soll ein weiterer ‚Enginair Carrier’ zum Einsatz im (geschlossenen) Melbourne Wholesale Fruit & Vegetable Market entwickelt werden, wo bislang 300 Transporter mit benzinschluckenden und Abgase emittierenden 2-Kolbenmotoren herumfahren.
Das von Engineair vorgestellte Fahrzeug ist mit einem speziell entwickelten Rotationskolbenmotor ausgestattet und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Interessenten melden sich aus den USA, China, den Niederlanden und Großbritannien.
Die AP Technologies in Nevada, U.S.A. ist ein weiteres Unternehmen auf dem Markt der emissionsfreien Antriebstechnologien, das sich „in weniger als fünf Jahren (…) zu einem führenden Fahrzeughersteller in Europa und weltweit entwickeln“ will – so steht es 2006 jedenfalls auf der Homepage des Unternehmens. Die Forschungsabteilung ist im schweizerischen Chur angesiedelt. APT forscht, entwickelt und plant die Produktion von Antriebssystemen für Fahrzeuge und Boote auf der Basis von Druckluft, flüssiger Luft und Brennstoffzellen.
Kerngeschäft ist die Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von umweltschonender und kostengünstiger Antriebstechnologie basierend auf komprimierter Luft. Die Idee und Vorarbeit wurde durch den Gründer Gerd Mattheiss gelegt. Für die technische Umsetzung zeichnet Klaus Herrmann verantwortlich, ein Ingenieur und Wissenschaftler der sich bereits seit über 20 Jahren mit dieser Technologie auseinandersetzt.
Wenn Luft entspannt wird, kühl sie sich ab. Bei allen Expansionsmotoren, gleich welcher Bauart, ist deshalb die Abkühlung der Luft im Expansionsmotor ein Problem. Bei starker Abkühlung kondensiert die in der Luft enthaltene Feuchtigkeit. Es kommt zur Eisbildung und zur Verstopfung der Strömungskanäle durch ‚Raureif’. Auch können Bauteile verspröden oder Schmiermittel einfrieren. Druckluft von 300 bar und Umgebungstemperatur kühlt sich bei freier Expansion so stark ab, dass Systembauteile Temperaturen von minus 40°C erreichen können. ATP löst das Problem durch eine Vorerwärmung der Druckluft vor dem eigentlichen Expansionsprozess. Die dafür benötigte Energie lässt sich zu einem großen Teil im Expansionsmotor zurückgewinnen.
Insbesondere mit dem Umbau eines Smart fortwo in ein druckluftbetriebenes Fahrzeug will das Unternehmen nun beweisen, daß druckluftbetriebene Fahrzeuge auch im praktischen Betrieb funktionieren. Die erzielte Reichweite ist mit ca. 50 km eine recht gute Leistung, die aber weiter ausgebaut werden soll. Der Smart wird mit herkömmlichen Tauchflaschen betrieben, und der Motor erreicht eine Leistung von ca. 28 kW/h.
Die APT Antriebsystem sei an Effizienz und Laufruhe weltweit kaum zu übertreffen. Da es sich bei dem Herzstück, dem Motor, um einen Drehkolbenmotor handelt, ist keine statische Aufladung wie bei Hubkolbenmotoren feststellbar. Der 6-Zylinder Motor benötigt lediglich 0,07 bar um die Reibung zu überwinden. Es würde ausreichen, in den Motor hineinzublasen, um ihn in Drehung zu versetzen.
Laut Unternehmen gibt es weltweit keinen vergleichbar effizienten Rotationsmotor der einen Wirkungsgrad von über 85 % erreicht. Das APT Antriebsystem sei damit um ein vielfaches effizienter als alle bekannten Druckluftmotoren weltweit. Für den Betrieb des Motors wird kein Öl zur Schmierung verwendet, die Bauart des Motors ermöglicht eine Luftpolsterung der Kolben und der beweglichen Teile.
Das Unternehmen führt bereits folgende fahrtaugliche Prototypen vor:
* einen stickstoffbetriebenen GoCart
* einen druckluftbetriebenen Smart
* einen druckluftbetrieben Pick-Up
Bereits im August 2005 geht der GolfCar in Vorserie. Das 140 cm lange Kleinfahrzeug wiegt 110 kg, erlaubt eine Zuladung von 200 kg und eine Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h. Die Reichweite beträgt ca. 15 km – und ab Werk soll der Wagen rund 4.000 € kosten. Der ebenfalls Mitte 2005 fertiggestellte Pick-Up ist ein Fahrzeug mit 175 l Tankinhalt (bei 200 bar) und einer voraussichtlichen Reichweite von 200 km.
Ein weiteres Fahrzeug an dem noch gearbeitet wird ist mit Kevlar Karbon Druckluftbehältern von EADS in Frankreich ausgerüstet und soll mit ca. 300 l komprimierter Luft eine Reichweite von 200 km erzielen. Die Betankung erfolgt mittels Kompressor, dabei entstehen Energiekosten von ca. 2,80 € je ‚Tankfüllung’. Die geplanten CityCars werden anfänglich eine Reichweite von ca. 300 km aufweisen, mit dem Beginn der Serienproduktion rechnet man im 1. Quartal 2007.
Schon spielen kann man mit einem Druckluft-betriebenen Modellauto Dragster, das in den USA vertrieben wird. In Deutschland hat es früher auch Spielzeugraketen gegeben, die mit Druckluft ‚abgehoben’ sind.
Stickstoff-Speicher
Ca. 78 % der Atemluft besteht aus gasförmigen Stickstoff, wobei 1 Kubikmeter ca. 1,25 kg wiegt. Bei minus 197°C wird gasförmiger Stickstoff flüssig und verkleinert dabei sein Volumen bis zum 800sten Teil. Flüssiger Stickstoff wird mit Hilfe von Verdichtern (Kompressoren) und Tieftemperatur-Rektifikationsanlagen (Gasabscheidern) hergestellt. Die aufgewendete Leistung zur Erzeugung von einem Liter flüssigen Stickstoff beträgt je nach Anlagentyp derzeit zwischen 250 und 380 W.
Alleine in Deutschland gibt es bereits über 1.400 Stickstoff Tankstellen, womit die Versorgung mit flüssigen Stickstoff daher für so gut wie jedermann zugänglich ist. Dies mach den Einsatz des Mediums als Zwischenspeicher für mobile Konzepte besonders sinnvoll – neben seiner Umweltverträglichkeit.
In den USA entwickeln Wissenschaftler an der University of Washington in Seattle, Bundesstaat Washington, bereits 1997 den Prototypen eines ‚Smogmobils’ – einem Auto, dessen Motor mit flüssigem Stickstoff betrieben wird. Des eiskalte Stoff erwärmt sich, beginnt bei einer Temperatur von minus 196°C zu kochen und treibt als Gas wie eine Dampfmaschine den Motor. Diesmal gelingt es auch, das frühere Problem der Vereisung von Antriebteilen zu umgehen. Der Wagen kommt mit einem vollen 75-l-Tank allerdings nur 4 km weit, und die Höchstgeschwindigkeit beträgt 35 km/h.
Golf-Wagen
Der Erfinder Heinrich Schmid aus dem bayerischen Deggendorf stellt im Juni 2003 den nach seinen Angaben ersten kommerziellen Stickstoff-Motor der Welt vor, an dem er seit 1999 arbeitet. Mittlerweile hat der frühere Fachlehrer in Deggendorf eine Firma mit 17 Mitarbeitern gegründet. Sitz der N-GINE Corporation ist jedoch in Westlake Village, Kalifornien, da Schmid dort an die Börse gehen will. Eine Anschubfinanzierung über eine Million Euro haben zunächst Privatanleger über einen Investmentfonds sichergestellt. Der Motor, der in Amerika produziert werden soll, arbeitet mit in einem Hochvakuumbehälter gespeicherten und auf minus 197°C heruntergekühlten Flüssig-Stickstoff, der bei Umgebungstemperaturen verdampft, sich dabei um das Achthundertfache des früheren Volumens ausdehnt und die gespeicherte Energie – ähnlich wie bei einen Duckluft-Motor – als mechanische Energie abgibt. Derzeit wird der Motor in einem Boot auf der Donau getestet, außerdem liegt ein Auftrag vor, für das Michael-Schumacher-Kart-Center in dessen Heimatstadt Kerpen zunächst fünf Kart-Modelle auf Stickstoff-Antrieb umzubauen.
Im Februar 2004 erhält N-GINE auf der SEATEC-Messe in Carrara, Italien, den Qualitec Award, und im September wird Prototyp eines mit Stickstoff betrieben Golf-Wagens präsentiert. Außerdem wird ein Schuhschachtel-großer Motor vorgestellt, der rund 60 kW Leistung haben soll, pneumatisch kontrolliert wird und nur drei bewegliche Teile besitzt. Er besitzt keine Ventile und startet selbständig.
Die Technologie der Druckluft- und Stickstoff-Motoren öffnet jedenfalls ein sehr weites Feld an nicht umweltschädlichen und eher auf ‚low-tech’ basierenden Mobilitätskonzepten, denen man nur viel Erfolg wünschen kann.