Ausgewählte Länder III Windenergie
Windkraft und Windenergie in der Bundesrepublik Deutschland (1994 – 2006)
Die für den Jade-Windpark geplante 3-MW-Großanlage ‚Aeolus II’ sollte eigentlich schon ab 1992 pro Jahr rund sieben Millionen kWh für den Bertreiber PreussenElektra erzeugen. Tatsächlich geht sie dann Anfang 1994 in Betrieb. Die glas- und kohlefaserverstärkten zwei Rotorflügel haben einen Durchmesser von 90 m, der Turm ist 90 m hoch und gekostet hat die Anlage etwa 27 Mio. DM. Die zu jenem Zeitpunkt größte Windkraftanlage Deutschlands übertrifft im ersten Betriebsjahr sogar die Erwartungen, bis Oktober 1994 produziert sie rund vier Millionen kWh Strom.
Ende 1995 gab es deutschlandweit rund 3.000 Windräder mit einer Gesamtleistung von etwa 850 MW. Nach den USA lag Deutschland damit auf dem zweiten Platz.
Mitte April 1995 geht nach anderthalb Jahren Forschungs- und Aufbauarbeit die o.e. windbetriebene Rügener Meerwasser-Entsalzungsanlage der Entwicklungsgesellschaft SEP aus Ismaning bei München in Betrieb. Schon Anfang 1996 liegen daraufhin Interessenbekundungen aus fünf Ländern vor – darunter auch China – da die Anlage nur etwa ein Fünftel der Energie einer konventionellen Meerwasserentsalzungsanlage benötigt.
Mit Jahresbeginn wird im Land Brandenburg zwar die Förderung der Windenergie eingestellt – andererseits zwingen das Stromeinspeisegesetz die Energieversorger, Windstrom zu 17 Pfennig pro kWh abzunehmen. Anfang Juli geht der ‚größte Windpark Brandenburgs’, das Windfeld Uckermark, ans Netz. Dort wurden 17 Anlagen mit einer Kapazität von 8,5 MW installiert. Das Umweltministerium förderte den Park mit 1,36 Mio. DM, das Wirtschaftsministerium mit 4,55 Mio. DM. Bis 1997 ist eine Erweiterung auf 43 MW geplant. Die erforderliche Umweltverträglichkeitsstudie hatte alleine 100.000 DM gekostet, die parallel dazu erarbeitete Grünordnungsplanung sah für den Eingriff in das Landschaftsbild sowie die Beeinträchtigungen des natürlichen Wertes der Landschaft Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Umfang von ca. 15.000 DM je Windkraftanlage vor.
1995 besitzt das Land Brandenburg insgesamt 114 Windräder mit einer Gesamtleistung von über 38 MW. Es erklärt die natur- und landschaftsgerechte Entwicklung der Windkraftnutzung explizit zu einem Landesziel.
Ebenfalls 1995 entsteht in Friesland eine der ersten Bürgerinitiativen gegen einen Windpark, der als ‚Europas größter’ im Kreis Wittmund entstehen soll. Schon seit dem Beginn der Planungen gibt es Ärger, ganze Dorfgemeinschaften zerbrechen. 1995 drehen sich von den geplanten 102 Anlagen erst sieben, und nicht lange danach beginnen auch Naturschützer zu fordern, den weiteren Ausbau der Windenergie zu begrenzen.
Ende Oktober 1995 befaßt sich der Bauausschuß des Bundestages mit Windkraftanlagen. Es geht darum, die Windräder (wieder) in die Liste der privilegierten Bauten aufzunehmen, ähnlich wie Wasserleitungen oder Telefonlinien. Diese Einrichtungen können nämlich mit viel weniger Bürokratie-Kontrolle gebaut werden. Das Bundesverwaltungsgericht hatte 1994 entschieden, daß Windkraftanlagen nicht länger ‚privilegiert’ behandelt werden duften. Inzwischen rotieren in Deutschland schon rund 3.000 Anlagen, jede Woche kommen etwa 15 neue dazu. Der damalige Niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder verspricht: „Wer Windräder sät, wird Strom ernten.“
Da beim Stromeinspeisegesetz die Versorgungsunternehmen nur gezwungen sind, den im Versorgungsgebiet erzeugten Strom aufzukaufen, verweigern die Stromkonzerne die Abnahme des Stromes von Offshore-Windparks. Damit werden mehrere geplante Projekte blockiert. In Brandenburg sorgt dagegen ein Windkrafterlaß für eine merkliche Erleichterung bei der Planung und dem Bau von Windkraftanlagen. Zu diesem Zeitpunkt gibt es in Brandenburg etwa 150 Anlagen, davon alleine 60 in der Prigniz und 40 in der Uckermark. 136 Anlagen waren öffentlich gefördert worden.
Am 30.03.1996 wird die Studie ‚Windenergienutzung auf Kohleabraumhalden in Brandenburg’ veröffentlicht. Anfang Oktober 1996 vereinbaren der Germanische Lloyd, die RWE Energie und andere den Bau eines Testfeldes in Grevenbroich für acht Windkraftanlagen – speziell für den Einsatz im Binnenland. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Gesamtleistung der ca. 4.300 Anlagen in Deutschland auf rund 1.500 MW erhöht.
Am 01.01.1997 tritt eine Änderung des Baugesetzbuches in Kraft, derzufolge Windkraftanlagen privilegiert sind, es besteht also ein Rechtsanspruch auf eine Baugenehmigung, sofern dem Vorhaben keine öffentlichen Belange entgegenstehen. Trotzdem gerät die Windbranche in Bedrängnis: Landschaftsschützer versuchen zunehmend den Bau neuer Windräder zu verhindern und bestehende Anlagen stillzulegen, Fachleute stellen den ökonomischen Nutzen in Frage, durch die Liberalisierung des Strommarktes steigt der Konkurrenzdruck (z.B. durch billigen Atomstrom aus Frankreich) und einige EVUs versuchen sogar das Stromeinspeisungsgesetz von 1990 zu kippen. In Brüssel berät man außerdem über eine zeitliche oder produktionsbezogene Begrenzung der Vergütung. Anfang des Jahres beginnt die Firma ENERCON (trotzdem) mit der Serienfertigung der E 66 (1,5 MW, 130 m Gesamthöhe).
Im Mai 1997 wird bei Osnabrück Deutschlands bislang größte Binnenland-Windkraftanlage mit 1,5 MW errichtet (Turmhöhe 80 m, Rotordurchmesser 65 m), und ‚Europas größter Windpark’ mit 57 Anlagen wird für die Lichtenauer Windschnurre zwischen dem Teutoburger Wald und dem Eggegebirge geplant. Das Institut für Solare Energieversorgung (ISET) in Kassel bestätigt den Windkraftanlagen inzwischen eine technische Verfügbarkeit von 98,8 %. ‚Europas modernstes Bio-Kraftwerk’ wird im sächsischen Zittau errichtet – eine Windkraftanlage, ein Wasserkraftwerk und ein von Pflanzöl gespeistes Bio-Heizkraftwerk erzeugen gemeinsam Strom. Eine Windmühle, die in Ostfriesland in der Einflugschneise für Jagdbomber des Geschwaders 38 ‚Friesland’ steht, wird mit öffentlichen Mitteln (700.000 DM) um 1.350 m versetzt. Am 16. September stellt Vestas die größte Serien-Windkraftanlage der Welt vor: Nennleistung 1,65 MW, 165 t Gesamtgewicht, 32 m lange Rotorblätter, Nabenhöhe 67 m.
In der Bundesrepublik wurden 1997 insgesamt 849 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 534 MW neu errichtet, rund die Hälfte davon im Binnenland. Die erreichte Summe von rund 2.000 MW gibt Deutschland die internationale Marktführerschaft vor den USA (1.650 MW). Der Gesamtumsatz der Windkraftbranche steigt 1997 um 350 Mio. DM auf 1,3 Mrd. DM, und es hängen rund 14.000 Arbeitsplätze an der Branche. Inzwischen gibt es eine neue Entwicklung auf dem Gebiet der Rotorblattherstellung: Für kalte Regionen werden nun auch schwarze Rotorblätter angefertigt. Diese reflektieren das Sonnenlicht nicht so stark wie die üblicherweise hell ausgeführten Blätter. Die schwarzen Blätter neigen daher kaum zum gefährlichen Eisansatz.
Im Frühjahr 1998 beträgt die Gesamtleistung der inzwischen rund 5.400 Anlagen mehr als 2,2 GW. Zunehmend kommen nun auch kleine Windgeneratoren mit Leitungen von 100 bis 500 W auf den Markt. Bei der großen Rotorblättern gibt es allerdings immer wieder Probleme, viele müssen während der Garantiezeit wegen Konstruktionsfehlern oder Herstellungsmängel ausgewechselt werden. Der Trost kommt vom Deutschen Windenergieinstitut in Wilhelmshaven: „Wenn die Hersteller es erst einmal geschafft haben, daß die Blätter zwei Jahre durchhalten, dann werden sie auch zwanzig Jahre aushalten“.
Offshore-Windenergieanlagen kommen mehr und mehr ins Gespräch, auch durch die Novellierung des Stromeinspeisegesetzes, demzufolge nun primär derjenige Netzbetreiber Offshore-Strom vergüten muß, in dessen Netz der dem WEA-Standort nächstgelegene Einspeisepunkt liegt (Standorte außerhalb der 12-Seemeilen-Zone wurden im Gesetz nicht geregelt). Konkrete deutsche Projekte gibt es noch nicht, allerdings stellt im April die Firma aerodyn auf der Hannover Messe den ersten Entwurf einer speziell für die maritime Stromgewinnung konzipierten Anlage vor, mit einem Rotordurchmesser von 100 m und einer Leistung von 4 bis 5 MW.
Mitte 1998 geht ‚Deutschlands größter Windpark’ in Nordleda bei Cuxhaven in Betrieb. 43 Windräder erwirtschaften knapp 23 MW, gekostet hat das Ganze rund 58 Mio. DM.
Ebenfalls 1998 erfinden die Ortsräte der Gemeinde Land Wursten im Landkreise Cuxhaven eine Landschaftsbildbeeinträchtigungssteuer (LBBS), mit der sie Windräder besteuern (höhenabhängig von 1.000 bis 4.500 DM/Jahr). Weil es den Betrieb einer Bundeswehr-Radarstation beeinträchtigt haben soll, wird in Borgentreich/Ostwestfalen ein Windkraftwerk wieder abgebaut. An der Universität Oldenburg werden erstmals neue rechnergestützte Verfahren für die Vorhersage des Windpotentials entwickelt. Am 12. September wird der ‚größte Windpark Europas’ im ostfriesischen Westerholt-Holtriem (Kreis Wittmund) mit 35 Enercon-Windgeneratoren und einer Gesamtleistung von 52,5 MW in Betrieb genommen.
Zum Jahresbeginn 1999 zählt die Statistik für Deutschland exakt 6.205 Anlagen mit einer Nennleistung von 2,9 GW. Es gibt erste Konflikte auf dem Weltmarkt zwischen deutschen und US-amerikanischen Exporteuren von Kleinstwindanlagen, da letztere massiv subventioniert werden und dadurch mittels Preisdumping die deutsche Konkurrenz – besonders in China – aus dem Rennen drücken. ‚Europas größter Windpark’ (62,7 MW) wird mit 38 Vestas-Windrädern à 1,65 MW für Klettwitz/Kostebrau (Oberspreewald/Lausitz) geplant. Ende Juli beginnt auf der Anhöhe eines ehemaligen Brandenburger Braunkohletagebaus die Montage der Windräder, der bis November abgeschlossen ist. Die Investitionskosten betragen insgesamt 160 Mio. DM.
Ebenfalls Anfang 1999 geht am Stadtrand des westfälischen Bocholt ein Windpark mit vier Anlagen und einer Gesamtleistung von 3,56 MW in Betrieb, der allerdings eine grundlegende Neuigkeit aufweist: es werden außerdem 816 Stromspeicherzellen installiert, deren Speicherkapazität 1,2 MW für eine Stunde beträgt. Ein automatisches Wassernachfüllsystem und eine Elektrolytumwälzung sorgen für eine höhere Haltbarkeit der Batterien. Die Investitionskosten der beiden privaten Betreiber Ursula Knaup und Wilhelm Janke betragen 9 Mio. DM, von denen etwa 12,5 % durch Öffentliche Förderungen abgedeckt werden. Mit dieser Anlage wird eine beträchtliche Verbesserung des Potentials regenerativer Energien erzielt.
Weitere große Windparks existieren 1999 in Lichtenau-Asseln (Nordrhein-Westfalen) mit knapp 33 MW, in Ihlewitz (Sachsen-Anhalt) mit 24,7 MW, in Wangenheim (Thüringen) mit 22,5 MW und in Wöhrden (Schlewig-Holstein) mit 20,4 MW.
Windbranche boomt
Wirtschaftlich boomt die Windbranche – während es gleichzeitig wegen Konkursen, Fehlplanungen, Änderungen der Förderrichtlinien u.a. zu immer stärkeren Konzentrationsprozessen kommt. Eine Methode, auf dem Markt zu bestehen, erfindet die Lübecker DeWind Technik GmbH, indem sie ihre export-orientierte 1 MW-Anlage als leicht verschiffbare Container-Version anbietet. Das Anfang Oktober 1996 vereinbarte Testfeld für Binnenland-Windkraftanlagen wird im Februar 1999 auf der Neurather Höhe, südlich von Grevenbroich, eingeweiht. Auf der Hannover Messe wird in diesem Jahr die erste 5 MW-Anlage für den Offshore-Bereich vorgestellt. Dem Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie in Hamburg liegen zu diesem Zeitpunkt bereits sechs Voranfragen für Offshore-Parks vor, in denen verschiedene Energiekonsortien insgesamt rund 1.400 Windkraftanlagen errichten wollen: nordwestlich von Rostock, vor Wilhelmshaven, in der Lübecker Bucht, nordwestlich von Rügen, vor der Insel Usedom und nordwestlich vor Helgoland.
Während der Frühlingsstürme stürzt im hessischen Helpershain ein tonnenschwerer Generatorblock vom 63 m hohen Mast; erstmals bricht auch ein 32 m langes Rotorblatt komplett ab (Windpark Sustrum).
Mitte 1999 geht die erste Windkraftanlage Münchens in Betrieb, erstellt auf einem 592 m hohen Müllberg und mit einer Nennleistung von 1,5 MW – Kostenpunkt 4 Mio. DM. Zum ersten Mal wird im Juni des Jahres von einer Baustelle bei Stöffin (Ostprigniz-Ruppin) ein 10 t schweres und 20 m hohes Segment einer Windkraftanlage gestohlen!
Das Fraunhofer-Institut für Atmosphärischen Umweltforschung (IFU) in Garmisch-Partenkirchen entwickelt eine mobile Sodar-Anlage (Sound Detection And Ranging), mit der die tatsächlichen Windstärken bis zu einer Höhe von 200 m gemessen werden können. Dies ist deshalb wichtig, weil die durchschnittliche Windstärke am gleichen Standort z.B. in 30 m und 60 m Höhe um 30 – 50 % differieren kann. Bei den bisherigen Verfahren der Mastmessung konnte nur bis maximal 30 m Höhe gemessen werden.
Ende 1999 sind in Deutschland bereits 7.000 Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 3,4 GW in Betrieb, womit etwa 1,2 % des deutschen Stromverbrauchs gedeckt werden. Die Windenergie-Messe in Husum ist inzwischen die weltgrößte, in diesem Jahr stellen dort 130 Aussteller ihre Produkte vor. Durch Optimierung der Rotorblätter gelingt es der Fachhochschule Wiesbaden 1999, den Wirkungsgrad der altbekannten Western-Windräder von 30 auf 36 % anzuheben
Im Frühjahr 2000 geht die 80 m hohe 2,5 MW-Anlage der Firma Nordex in Serie, im Herbst die 2 MW-Anlage von Vestas, deren Rotor einen Durchmesser von 80 m hat. Die drei schleswig-holsteinischen Unternehmen DeWind, Husumer Schiffswerft und Jacobs Energie planen gemeinsam eine 5 MW-Anlage. In dieser Größe kommt als Installationsort nur noch der Offshore-Bereich in Frage, obwohl die Installations- und Wartungsarbeiten auf See fünf- bis zehnmal teurer sind als an Land. Unter wirtschaftlichen und technischen Abwägungen kommen z.T. maximale Wassertiefen von etwa 25 m in Betracht..
Am 17.06.2000 weiht Umweltminister Jürgen Trittin den Windpark Klettwitz ein, er gilt als Europas leistungsstärkster (38 Anlagen, 111m Höhe, 63 MW Gesamtleistung). In der gleichen Woche gehen in Güstow sieben, und in Grünow sechs Windkraftanlagen ans Netz, die zusammen 8,55 MW produzieren sollen.
Im Jahr 2000 gibt es insgesamt konkrete Projekte mit Volumina von 200 – 300 MW und einem Investitionsvolumen von rund einer Milliarde DM. Den größten Anteil an der neu installierten Windkraft-Leistung hatte der Hersteller Enercon (36,0 %), gefolgt von Vestas (13,5 %), Enron-Tacke (10,6 %), AN Wind (10,3 %), Nordex (9,5 %), NEG Micon (8,2 %) und DeWind (6,9 %). Als derzeit weltweit leistungsstärkste Anlage mit 2,5 MW gilt die ‚N 80’ der Firma Borsig Energy in Oberhausen. Die drei jeweils 40 m langen Flügel sind beweglich und drehbar aufgehängt, sie lassen sich dadurch einzeln nach dem Wind ausrichten.
Ende des Jahres gibt das Bundesverkehrsministerium ‚grünes Licht’ für den ersten Offshore-Windpark bei Rügen. Inzwischen liegen dem Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie schon zehn Anträge vor. Der größte Plan stammt von der Firma Winkra-Energie-Gesellschaft aus Hannover: zwischen Helgoland und St. Peter-Ording soll der weltweit größte Offshore-Windpark mit 100 Windrädern der 5 MW-Klasse entstehen – und in einer zweiten Ausbaustufe dann verdoppelt werden. Die Firma Prokon-Nord GmbH aus Leer plant ebenfalls einen 1.000 MW-Park in der Nordsee. Bis 2003 sollen in einer Pilotphase zwölf Anlagen aufgestellt werden, ab 2007 wird der Park dann auf über 200 Rotoren ausgebaut.
Ende 2000 gibt es Bundesweit 9.375 Windkraftwerke, die insgesamt 6.113 MW Strom erzeugen, und 2001 verfügt Deutschland mit bereits 8.754 MW über mehr als ein Drittel der weltweit installierten Leistung und liegt damit an der Spitze der Entwicklung und Anwendung von Windkrafttechnologie. Im internationalen Vergleich verfügen nur noch Spanien und Dänemark, die USA und Indien über eine installierte Windenergie-Leistung von mehr als 1.000 MW.
Berechnungen des Wirtschaftsverband Windkraftwerke e.V. (WVW) in Cuxhaven ergeben Ende 2002, daß in 85 % der Stunden eines Jahres genug Wind weht, um die entsprechenden Rotore anzutreiben – zumindest an den Küsten. Von den 8.760 Jahresstunden (bei 365 Tagen) können an der Nordseeküste durchschnittlich 7.500 als Betriebsstunden genutzt werden. Selbst im Binnenland betragen die Betriebsstunden ein Vielfaches der immer wieder genannten Zahl von 2.000 Betriebsstunden, welche die Unwirtschaftlichkeit der Windkraft belegen soll.
Im September 2003 sind in Deutschland schon 14.653 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 13.404 MW installiert. Derweil klagen der BUND sowie der Naturschutzbund Deutschland vor dem Hamburger Verwaltungsgericht gegen den ersten deutschen Offshore-Windpark Butendiek, der rund 30 km westlich von Sylt errichtet werden soll.
Im Jahr 2004 erfolgt die Markteinführung von ‚Multimegawatt-Anlagen’ (> 4 MW). Diese Anlagen erzeugen an einem Tag so viel Strom wie ihre 1990er Vorgänger in einem Jahr. Gleichzeitig beginnt in Deutschland das sogenannte ‚Repowering’, d.h. der Ersatz veralteter Windkraftanlagen durch neue, vor allem aber der Austausch kleinerer Modelle gegen größere und leistungsstärkere. Während Altanlagen nur noch als Teileträger verwendet werden können, entsteht für die ausgemusterten funktionstüchtigen Anlagen ein Gebraucht-Markt mit Anfragen vor allem aus dem Ausland, da diese Windturbinen wegen ihrer kleinen Leistungsklasse, ihrer kürzeren Restlaufzeit sowie der robusten Technik insbesondere für die Wiedererrichtung in Entwicklungs- und Schwellenländern geeignet sind.
Das Beratungsbüros elexyr schlägt Mitte 2004 vor, durch die Kombination von Offshore-Windparks mit Meeresenergieanlagen erhebliche Synergiepotentiale auszuschöpfen, beispielsweise durch eine gemeinsame Netzanbindung. Ich habe danach keinerlei Erwähnung dieses vernünftig klingenden Vorschlags mehr gefunden.
Die 2004 als größte Windturbine der Welt geltende Anlage steht bei Magdeburg und leistet unter optimalen Bedingungen 4,5 MW (Enercon E – 112). Mit einer installierten Gesamtkapazität von 14.629 MW stehen im Jahr 2004 in Deutschland 16.453 Windenergieanlagen, die rund 50 % der in Europa installierten Leistung auf sich vereinen.
Im Februar 2005 nimmt der Hamburger Windanlagenhersteller REpower AG die bislang größte und leistungsfähigste Windenergieanlage der Welt in der schleswig-holsteinischen Hafenstadt Brunsbüttel in Betrieb. Die REpower 5M Anlage mit einer Gesamthöhe von über 180 Metern und einer Nennleistung von 5 MW speist Strom für 4.500 Haushalte in das Netz ein. Der Rotor hat einen Durchmesser von 126 m und dreht sich bei voller Nennleistung zirka 7 bis 12 mal pro Minute. Er überstreicht dabei eine Fläche von der Größe etwa zweier Fußballfelder. Das Rotorgewicht beträgt 120 t, und der gesamte Maschinenkopf wiegt 290 t . Der 120 m hohe Turm verjüngt sich von 6 m Durchmesser in Höhe des Fundaments auf 5,5 m an der Spitze. Er wiegt insgesamt 750 t und steht auf einem Stahl-Beton-Fundament, das von 40 Betonpfeilern getragen wird, die 24 m in die Erde reichen. Hierfür wurde rund 1.300 m3 Beton und rund 180 t Stahl verbaut. Die Anlage gilt als landbasierter Prototyp für spätere Offshore-Anlagen.
Neben der REpower 5M bietet auch Prokon eine 5 MW Anlage an (Multibrid M 5000), gefolgt von der 4,5 MW Anlage von Enercon (E – 112), einer 3,6 MW Turbine von General Electric (GE 3,6s offshore) und der 3 MW Anlage von Vestas (V 90).
2005 gibt es in Deutschland nach Angaben des Bundesverbands Windenergie rund 18.000 Windenergieanlagen, davon mit etwa 4.500 Stück die meisten in Niedersachsen. Der Anteil der Windkraft an der Stromerzeugung beträgt derzeit etwa 4,3 %.
Doch schon 2005 stehen die riesigen Rotoren an der Nordseeküste immer öfter still. Und zwar zunehmend gerade dann, wenn der Wind besonders kräftig weht. Es erweist sich, daß die Netze im Norden der Republik durch den starken Ausbau der Windenergieanlagen überlastet sind. Der Strom kann nicht zum Verbraucher geführt werden, die Räder müssen zwangsweise pausieren.
Dessen ungeachtet hat die deutsche Windkraftindustrie 2005 ihren Umsatz aus dem Exportgeschäft im Vergleich zum Vorjahr von 1,8 auf 3,0 Milliarden € gesteigert. Die Exportquote der deutschen Hersteller stieg nach Berechnungen des Bundesverbands Windenergie (BWE) von 50 % auf 64 %, denn in diesem Jahr wurden weltweit Windkraftanlagen mit einer Nennleistung von rund 11.500 MW aufgebaut – 40 % mehr als 2004 – von denen fast jede zweite Windanlage aus deutscher Produktion stammt.
Gemessen am gesamten Stromverbrauch hat sich der Anteil aller Einspeisungen von Industrie und privaten Erzeugern 2005 von 11 % auf 12 % erhöht. Den Zuwachs habe es vor allem bei den Einspeisungen aus erneuerbaren Energien gegeben. Die privaten Erzeuger steigerten ihre Lieferungen auf gut 37 Milliarden kWh. Rund 26 Milliarden kWh haben davon die Windkraftanlagen geliefert.
Die Anfang Februar 2005 in Burnsbüttel bei Hamburg errichtete REpower 5M hat innerhalb ihres ersten Betriebsjahres einen Ertrag von 13 GWh erwirtschaftet. Nach dieser Testphase erwartet man einen Jahresertrag von sogar 17 GWh.
Im Oktober 2006 verschärfen sich die Probleme der Windkraftnetzanbindung. Weil die Stromleitungen das rapide wachsende Angebot an Windenergie nicht mehr aufnehmen können, sind die Übertragungsnetzbetreiber gezwungen, Windparks immer öfter abzuschalten. In Landkreisen wie Dithmarschen oder Nordfriesland steht rein rechnerisch jedes fünfte Windrad das ganze Jahr über still, weil der Strom nicht mehr abtransportiert werden kann. Außerdem entgehen den Windkraft-Betreibern Millionen-Einnahmen, da sie während der Abschaltungen ja auch keine Einspeisevergütung mehr bekommen. Allein in Schleswig-Holstein liegen dazu Windkraft-Projekte im Wert von 300 Mio. € auf Eis, weil die Stromnetze fehlen.
Wenn die Windenergie-Leistung tatsächlich bis 2015 wie geplant von 14.600 MW (im Jahr 2003) auf 36.000 MW ausgebaut wird, müssen nach einer Studie der Deutschen Energie Agentur (Dena) für den Nord-Süd-Transfer des Ökostroms bis dahin 400 km Stromtrassen verstärkt und 850 km neu gebaut werden, die Kosten werden auf 1,1 Milliarden Euro geschätzt. Schon jetzt mußte E.ON in Schleswig-Holstein neue Überlandleitungen für rund 60 Millionen € bauen, um den Strom der ständig wachsenden Zahl von Windmühlen-Betreibern abzutransportieren. Durch die Errichtung von Offshore-Windparks (s.d.) sollen bis 2025 außerdem neue Windräder mit einer Leistung von bis zu 25.000 MW ans Netz gehen. Dafür sind die norddeutschen Netze aber erst recht noch nicht ausgelegt.
Windkraftgegner greifen inzwischen schon zu unlauteren Mitteln:
Am Rosskopf im Schwarzwald konnte nachgewiesen werden, daß die toten Fledermäuse, die unter den Windrotoren gut sichtbar drapiert worden waren als ‚zufälligerweise’ gerade ein Fernsehteam Aufnahmen machte, gar nicht von den Rotoren erschlagen sein konnten – die Betreiber hatten diese in der Nacht insgeheim nämlich ausgeschaltet gelassen…
Der Energieversorger EnBW plant 2006, Windenergie in unterirdischen Druckluftspeichern zwischenzulagern. Damit könnte Windkraft indirekt auch bei Flaute oder bei erhöhtem Strombedarf Energie liefern.
Und im November 2006 stellt das Kasseler Institut für solare Energieversorgung (ISET) sein ‚Windpark-Cluster-Management’ vor, mit dem die Windenergie von Schwankungen befreit und voll nutzbar gemacht werden soll, indem verschiedene Windkraftanlagen zusammengeschaltet und zentral gesteuert werden. Künftig sollten erst die deutschen und dann die europäischen Windparks in einem Netz zusammengefasst werden und stetig eine berechenbare Strommenge abgeben. Dazu soll jeder Windpark einen Controller-Computer bekommen, der die verfügbare Energie ständig mißt und an einen Zentralrechner übermittelt.
Derweil müssen sich die Gerichte mit einem neuen Streitgegenstand herumschlagen: dem Windklau!
Im September 2007 entscheidet sich der Solarkonzern Conergy auch in die Produktion von großen Windkraftanlagen einzusteigen. Mit der Powerwind 56 errichtet das Unternehmen einen Prototypen der Megawatt-Klasse in Bremerhaven. Die 900 kW Maschine mit 56 m Rotordurchmesser soll dort getestet und vermessen werden. Die Anlagen aus eigenem Hause werden der zum Konzern gehörenden Projektgesellschaft Epuron zugute kommen, da hier internationale Windparks schneller projektiert als sie von führenden Herstellern mit Anlagen beliefert werden können.
Zu diesem Zeitpunkt stehen in Deutschland bereits fast 19.000 Windräder, die mehr als 20.000 MW Strom erzeugen – so viel wie zwanzig Kernkraftwerke.