HLUG-Fachtagung: Klimafolgen und Anpassung 8. September in Darmstadt
HLUG-Fachtagung: Klimafolgen und Anpassung 8. September in Darmstadt
HLUG-Fachtagung: Klimafolgen und Anpassung 8. September in Darmstadt
Klimafolgen und Anpassungsstrategien zum Erhalt der Biodiversität in Hessen – Artenvielfalt steht doppelt unter Druck
Darmstadt/Wetzlar; Die Auswirkungen des Klimawandels und mögliche Anpassungsstrategien für die wirtschaftliche Landnutzung waren Thema einer Fachtagung des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie am Montag in Darmstadt. „Die Natur steht doppelt unter Druck“, so Gerhard Eppler, Landesvorsitzender des Naturschutzbundes NABU. Arten würden nicht nur durch den Klimawandel vertrieben, sondern nach wie vor auch noch durch die Zerstörung ihrer Lebensräume durch den wirtschaftenden Menschen.
Die Flexibilität der Landwirtschaft, neue Feldfrüchte anzubauen, habe die Natur nur selten. Die dichte Bebauung Hessens mit Siedlungen und Straßen mache eine klimabedingte Abwanderung für viele bedrohte Arten unmöglich. Auch gehe der Klimawandel für viele Arten einfach zu schnell, um sich neue Lebensräume zu suchen. Wenn gleichzeitig intensive Land- und Forstwirtschaft ihre Zahl immer weiter verkleinere, drohe eine Verarmung unserer Landschaft, so der NABU.
„Anpassungsstrategien sind daher auch für die Naturschutzpolitik notwendig“, so Eppler. Sie habe die Fürsorgepflicht, die Artenvielfalt zu erhalten. Ein wichtiger Weg sei die Schaffung von großen Gebieten unbeeinflusster Naturentwicklung in unseren Staatswäldern. Hier könnten, frei von menschlichen Einflüssen, genau die Pflanzen gedeihen, die den sich verändernden natürlichen Bedingungen entsprechen. Nur solche vitalen Ökosysteme können sich auf die Bedingungen des Klimawandels einstellen. Aus den hier ablaufenden Entwicklungen können auch Rückschlüsse für die Forstwirtschaft gezogen werden. Eine weitere Strategie ist der Aufbau eines Biotopverbundes, der Arten die Wanderung nach Norden oder in die Höhenlagen ermöglicht. Die Grundlage hierfür ist mit dem Europäischen Schutzgebietssystem Natura 2000 schon gegeben. „Lückenschlüsse“ seien jedoch auch hier nötig – nicht nur bei Autobahnen, so Eppler. Die Gebiete müssten so miteinander vernetzt werden, dass ein Individuenaustausch möglich ist. Die Barrierewirkung von Verkehrswegen und land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen könne durch zum Beispiel durch Grünbrücken, Ackerrandstreifen und einen höheren Totholzanteil in den Wäldern reduziert werden.
Die Renaturierung von Flüssen und Bächen mit ihren Auen sei dringend notwendig, weil diese als lineare Strukturen (in Hessen über 20.000 km!) Ausbreitungswege für Arten darstellen können. Angesichts der rückläufigen Bevölkerungsentwicklung sei der anhaltende Landschaftsverbrauch von 8 ha pro Tag für Siedlungen und Straßen in Hessen völlig inakzeptabel, so Eppler. Es könne nicht sein, dass die neuen Regionalpläne in Hessen für die nächsten zehn Jahre allein 11000 ha neue Siedlungsgebiete, 7000 ha neue Gewerbegebiete, 2600 ha Rohstoffabbauflächen und 874 ha neue Straßen (nur Trassenfläche) vorsähen. Hier müsse die Politik steuernd eingreifen und Flächen sparen. „Der Klimawandel ist nur schwer aufzuhalten, aber die hier hat die hessische Politik genug Möglichkeiten zum sofortigen Handeln“, so der NABU.
Hintergrund:
Der große Wandel: Gewinner und Verlierer
Der Drang nach Norden: Wärmeliebende Vogel- und Insektenarten aus Südeuropa weiten ihr Verbreitungsgebiet aus und siedeln mittlerweile auch häufiger in Hessen. Dazu gehören der Wiedehopf, der Springfrosch, die Gottesanbeterin, die Feuerlibelle und die Frühe Heidelibelle. Kälteliebende Arten dagegen wandern weiter nach Norden ab oder hinauf in die kühleren Gefilde höherer Berglagen. Wer nicht mobil ist, stirbt aus – das könnte das Schicksal der letzten Moorfrösche in Hessen werden, von denen es nur noch eine Handvoll gibt. Auch die wenigen Moosjungfern könnten bei uns aussterben – zwar können sie fliegen, aber sie finden keine geeigneten Lebensräume mehr. In den Alpen werden sich die Vegetationszonen im Laufe dieses Jahrhunderts voraussichtlich um 400 bis 700 Meter nach oben verschieben.
Artenverluste drohen auch, wo Nahrungsbeziehungen zwischen Tieren und ihren Futterpflanzen gestört werden, weil Pflanzen und Tiere dem Klimawandel unterschiedlich ausweichen (räumliche Entkoppelung). So läuft der Natterwurz-Perlmutterfalter Gefahr, seine Nahrungsgrundlage zu verlieren, wenn er in kühlere Regionen ausweicht. Denn die wichtigste Futterpflanze der Raupen, der Wiesenknöterich, reagiert nicht so stark auf den Klimawandel und wandert kaum mit.
Die Natur gerät aus dem Takt: Der jahreszeitliche Rhythmus der Tier- und Pflanzenwelt ist klar aufeinander abgestimmt. Durch den Klimawandel gerät er durcheinander. Wenn viele Pflanzen und Bäume heute bereits 10 Tage früher blühen, als noch vor 30 Jahren, können sich zwar viele Insekten noch daran anpassen. Für Zugvögel wie dem Gartenrotschwanz steigt aber das Risiko, dass sie bei ihrer Rückkehr im Frühjahr nicht mehr genügend Raupen und Larven finden, um den Hunger ihrer Jungen zu stillen (zeitliche Entkoppelung). Langstreckenzieher wie der Trauerschnäpper haben zudem das Problem, dass bei ihrer Rückkehr die Brutgebiete bereits von anderen Vögeln besetzt sind, die bei uns überwintern. Der NABU im Internet: www.NABU-Hessen.de.
Mark Harthun
Stellv. Landesgeschäftsführer
NABU Hessen
Friedenstraße 26
35578 Wetzlar
Tel. 06441/67904-0
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