Meerwasser – Stauwerk
Erneuerbare Energie mit Meerwasser Stauwerken und Pumpspeicherkraftwerk
Da die folgenden Projekte das Meer nur als Wasser-Reservoir berücksichtigen und das abgezapfte Wasser in zwei Fällen auch über Land geleitet wird, sind diese Projekte hier und nicht unter ‚Meereskraftwerke’ aufgelistet. Bei den aufgeführten Energieprojekten handelt es sich um ein Projekt in der Senke des Toten Meeres, um das Qattara-Projekt in Ägypten, sowie um den Atlantropa-Plan des deutschen Architekten Hermann Soergel.
Am 24. August 1980 wird mitgeteilt, daß die Regierung in Jerusalem das durch Kriegsgeschehen zeitweise zurückgestellte Kanalprojekt zwischen dem Mittelmeer und dem Toten Meer erneut wieder ins Auge gefaßt hat. Dieser Plan sieht vor, ein 100 – 130 km langes Kanal- und Tunnelsystem zu ziehen, wobei die nutzbare Fallhöhe zum Toten Meer hin etwa 400 m beträgt. Die Stromproduktion von 600 MW soll Israels Bedarf des Jahres 1990 zu 60 % decken. Ein Jahr später erfolgt sogar die offizielle Einweihung des Projektes durch den damaligen Ministerpräsidenten Menachem Begin.
Die Idee soll auf Theodor Herzels Buch ‚Altneuland’ von 1902 zurückgehen. Doch ich fand auch Hinweise darauf, daß bereits 1850 die Britische Regierung eine Kommission unter der Leitung von William Allen ausgesandt hatte, um die Möglichkeiten einer Verbindung zwischen dem Mittelmeer und dem Roten Meer zu prüfen. Es ist sehr gut möglich, daß man schon damals den Umstand im Auge hatte, daß sich mit dem ‚tiefsten Punkt der Erde’ noch einiges anfangen ließ. Eine weitere Ideenquelle soll der Franzose Pierre Gandrillon gewesen sein, dessen Plan zwei Kraftwerke südlich des (gestauten) Tiberias-Sees mit 300 m Fallhöhe und an der Mündung ins Tote Meer mit 208 m Fallhöhe vorsah, sowie einen Hochbehälter, in welchen das Mittelmeerwasser hinaufgepumpt wird.
Einen direkten Kanal zwischen Haifa und dem Toten Meer hatte 1899 der Schweizer Ingenieur Max Burkhard vorgeschlagen – und dieser Vorschlag war es, der bei Herzl auf starkes Interesse stieß.
1943 publizieren dann die beiden US-Amerikanischen Experten Walter C. Lowdermilk und John Savage einen weiteren Plan, durch einen Verbindungskanal zwischen Mittel- und Totem Meer mit angeschlossenem Kraftwerk etwa 100 MW Elektrizität zu erzeugen.
Es bleibt die Frage, ob nicht weitere Waffengänge mit den arabischen Nachbarn dazu beitragen werden, das Projekt in der Schublade zu lassen – ebenso, ob nicht von seitens arabischer und israelischer Umweltschützer starker Widerstand zu erwarten ist. Für Israel hätte das Projekt mehrere Vorteile:
- Stromproduktion von bis zu 22 % des aktuellen Verbrauchs
- Erleichterung der Ölsteingewinnung am Toten Meer
- Tourismus durch Seen am Kanalverlauf
- Entsalzung und Entwicklung der Negev-Wüste
- Der Kanal kann als südliche Verteidigungslinie fungieren
1983 wird bekannt gegeben, daß die 1974 begonnenen Studien abgeschlossen seien und nun der Israelischen Regierung vorliegen würden. Als Starttermin für den Bau wird das Jahr 1993 vorgeschlagen. Doch schon am 02.03.1984 meldet die sowjetische Nachrichtenagentur TASS plötzlich den Beginn der Arbeiten, wobei eine Bauzeit von nur zwei Jahren genannt werden (!). Tatsächlich hatte bereits 1977 eine Regierungskommission vier verschiedene Trassenführungen für das Projekt erarbeitet, von denen eine vom Golf von Aqaba ausging, während die anderen drei das Wasser vom Mittelmeer heranführen sollte. Aus politischen Gründen wurde damals die südliche Route favorisiert.
Auf arabischer Seite wird ein dramatisches Ansteigen des Wasserspiegels des Toten Meeres befürchtet, was mehrere auf jordanischer Seite angesiedelte Industrieprojekte bedrohen würde. Auch auf der Arabischen Energiekonferenz in Algerien 1984 wird das Projekt scharf angegriffen, wobei erstmals neben den politischen auch ökologische Argumente ins Spiel gebracht werden. Möglicherweise aufgrund der schweren Wirtschaftkrisen in Israel wird Anfang Juni 1985 durch den Energieminister verkündet, daß man das Projekt vorläufig gestoppt habe.
Die Idee bekommt neues Gewicht, als die Regierungen Israels und Jordaniens auf dem Weltgipfel in Johannesburg im Jahr 2002 das Projekt Friedenskanal (‚Peace Conduit’) vom Roten zum Toten Meer vorstellen. Mittlerweile unterstüzen auch die Palästinensischen Behörden diesen Vorschlag, denn inzwischen redet man von 500 MW Energie, die sich Jordanien, Palästina und Israel dann teilen könnten, wobei ein Großteil dieser Energie zur Meerwasserentsalzung genutzt werden soll.
Im Dezember 2006 einigen sich Jordanien, Israel und Palästina darauf, eine Machbarkeitsstudie für das inzwischen auf 2 bis 4 Milliarden $ geschätzte Projekt in Auftrag zu geben. Diese Studie und die Umweltverträglichkeitsprüfung sollen zwei Jahre dauern und etwa 15 Mio. $ kosten. Über 10 Mio. davon sind von den USA, Kanada, Japan, Spanien, Frankreich und anderen europäischen Ländern übernommen worden (anderen Quellen zufolge hätten die USA, die Niederlanden und Japan signalisiert, sich an den Kosten zu beteiligen).
Im August 2007 gibt die jordanische Regierung dann bekannt, daß man Anfang Dezember mit einer Studie zum Bau eines 200 km langen Kanals zwischen dem Toten und Aqaba am Roten Meer beginnen werde. Man würde sich insbesondere über die Hilfe Chinas bei der Umsetzung des Projektes freuen, da dieses Land das entsprechende Know-how sowie die notwendige Technologie besitzen würde.
Bei der Veranstaltung ‚Technologie als Brücke’ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften im Februar 2008 spreche ich das Projekt Friedenskanal an, doch es stellt sich heraus, daß mehrere Personen auf dem Podium noch nie davon gehört haben, so daß auch meine Frage nach der Rolle der EU bei diesem Projekt erst einmal nicht beantwortet werden kann. Einzig der Vorsitzende des Vereins ‚Deutsche Meerwasserentsalzung e.V.’ Claus Mertens wartet mit den jüngsten Entwicklungsschritten auf.
Der Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland, Dr. Gerhard Sabathil, schickt mir jedoch wenige Tage später eine eMail mit der Antwort eines seiner Mitarbeiter in Brüssel:
As you can imagine, this is a highly controversial project which has been strongly criticised by several NGOs, notably Friends of the Earth Middle East.
Doch werfen wir nun einen Blick auf das zweite Projekt, den in Nordägypten geplanten Qattara-Kanal (o. Kattara). Das Projekt war bereits 1916 von einem Berliner Professor vorgeschlagen worden und beinhaltet die Ausnutzung der Qattara-Senke mit ihren bis zu 137 m unter dem Meeresspiegel, was sie zum tiefsten Punkt Afrikas macht.
The ‚Peace Canal’ or ‚Red Dead Canal’ is indeed an old ‚idea’ which comes up regularly.
While the Commission has not been involved in any specific initiative, I recall the World Bank had planned to finance a technical, economical and environmental feasibility study.
Howeever, I do not know whether the WB eventually carried out this study.
Es ist vorgesehen, die Senke durch einen etwa 76 km langen Kanal mit dem Mittelmeer zu verbinden und dann mit zufließendem Meerwasser zu füllen. Das im Durchschnitt 60 m betragende Gefälle soll dabei der Stromproduktion dienen – während der Füllphase mit 670 MW und danach, d.h. während der anschließenden Verdunstungsphase, mit 352 MW. Diese zweite Phase setzt ein, wenn sich der Wasserspiegel des neu entstandenen Salzsees auf 60 m unterhalb des Meeresspiegels einpendelt und durch die ständige Verdunstungsrate stabilisiert.
Nach etwa 60 Betriebsjahren würde die Anlage dann allerdings dadurch zum Stillstand kommen, daß sich der Salzgehalt des ‚Sees’ der kritischen 27%-Grenze nähert, worauf die resultierende Krustenbildung eine weitere Verdunstung verhindert und die Senke ein für alle mal voll läuft (andere Quellen sprechen von einem kritischen Salinitätsgrad von 33 %, dieser wären erst nach 78 Betriebsjahren erreicht). Einige technische Daten können den Umfang des geplanten Projekts vielleicht verdeutlichen:
Projektkosten | bis zu 7,82 Mrd. DM |
Realisation | durch die Zündung von 213 ‚sauberen’ Atomsprengsätzen aus US-Beständen wird ein Kanal durch das 50 – 200 m hohe ‚Libysche Plateau’ gezogen. |
Vorarbeiten | 1960 erste Vorstudie, 1975 Durchführbarkeitsstudie, Konsortium unter der Federführung von ‚Lohmeyer Int. GmbH’ in Frankfurt, Kostenträger ist die Bundesrepublik Deutschland: bisher 11,5 Mio. DM (Stand 1976). |
Bauzeit | 10 Jahre, in drei Phasen. |
Betriebsdauer | 60 – 70 Jahre, Amortisation nach etwa 50 Jahren. |
Mitte 1978 meldete die Kairoer Presse, daß die Bundesrepublik vorgeschlagen hätte, die Kredite für weitere Vorstudien auf ca. 19 Mio. DM aufzustocken, obwohl die Arbeit des genannten Konsortiums schon ergeben hat, daß das Projekt ‚technisch durchführbar’ sei. Ägypten will das Projekt auch deshalb vorantreiben, um die stark wachsende Bevölkerung aus dem Nilgebiet wegzusiedeln. Auch soll in dem überfluteten Gebiet der Qattara-Senke die Ölexploration vorangetrieben werden, erleichtert durch eben diese Überflutung des jetzt aus Salzsümpfen und Wanderdünen bestehenden Gebietes.
Evakuierungspläne (während der Sprengungen) sprechen von 25.000 Menschen und einem Entschädigungsbetrag von rund 3 Mrd. DM – anderen Schätzungen zufolge müßten etwa 28 Mio. Menschen evakuiert werden! Nur 450 km von dem Sprenggebiet entfernt befindet sich der tektonisch instabile Rote-Meer-Grabenbruch, auf den die Druckwellen der Sprengungen nicht ohne Auswirkungen bleiben dürften. Es wird bei der Projektrealisation auch eine Versalzung und ggf. sogar eine Verseuchung des (süßen) Grundwassers befürchtet, welches sich genau unterhalb der Qattara-Senke in verschiedenen Strömungsrichtungen bewegt und die Lebensader der verschiedenen Oasen im gesamten Raum bildet. Auch besteht die Gefahr neu auftretender Strömungen im Mittelmeer, mit Erosionswirkungen selbst an entfernten Küsten – zu alledem müßten vor Baubeginn auch noch die alten Bomben und Minen des 2. Weltkrieges (z.B. in El-Alamein) beseitigt werden.
Doch das Projekt scheint inzwischen erst einmal eingefroren worden zu sein, denn schon Anfang 1980 waren die Kosten für weitere erforderliche Vorstudien auf fast 13 Mio. $ angewachsen – und die Atombomben-Idee wurde aus ökologischen Erwägungen fallen gelassen. Nachdem Bonn das Projekt mit inzwischen 18,3 Mio. DM genügend untersucht hatte, beschloß man von weiteren Zahlungen abzusehen. Im Februar 1981 mußte sich der damalige Außenminister Genscher daher bei einem Besuch in Ägypten die Frage gefallen lassen, ob der Rückzug von diesem Projekt eine ‚Herabstufung Ägyptens in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht’ bedeuten würde. Nichts desto weniger schien das Projekt damit bis auf weiteres gestorben zu sein – was bei Einwohnern Ägyptens und bei Umweltschützern rund um die Welt große Erleichterung hervorgerufen hat.
Aber solche Ideen sind langlebig – immerhin waren bis dahin schon 12 unterschiedliche Konzepte und 8 verschiedene Kanalrouten ausgiebig studiert worden. 1983 stellten die schwedischen Consultant-Firmen SWECO und Nitro Nobel die Praktibilität des Projektes fest – zu einem Preis von 5 Mrd. $. Die ‚Schwedische Kommission für Technische Zusammenarbeit’ war zwei Jahre zuvor für die Deutschen eingesprungen und hatte die weitere Studie finanziert. Nun wurden auch neue Daten vorgelegt:
Start des Zuflußkanals bei El-Alamein – Kanalbreite bis zu 350 m, Kanaltiefe bis zu 120 m – teilweise Auslegung als Tunnel – Termin der Inbetriebnahme 2001 – erzielbare Energie 1.800 MW.
Doch gleichzeitig wurde auch ein neues Problem benannt, nämlich die Stabilität der Erdkruste gegenüber dem Gewicht des neuen Sees. Außerdem gibt es Projekte, das unterirdische Süßwasser der Sahara in die durstigen Küstenstädte des Nordens zu pumpen – was das den Qattara-Kanal möglicherweise verhindert werden kann. 1984 informierte der ‚New Scientist’ seine Leser jedenfalls darüber, daß das Projekt noch doch zurückgestellt worden sei – während im Sommer 1988 bekannt wurde, daß schwedische Experten an einer neuen Studie arbeiten… ein weiterer Pendelschlag.
Nicht zuletzt soll erwähnt werden, daß es auch noch andere Stellen gibt, an denen Meerwasser-Stauwerke errichtet werden könnten, dazu gehören das kaspische Meer (- 26 m), der See von Assal in Somalia (- 174 m) sowie das Todestal (- 84 m) und das Tal Coahulla von mit dem trockenen See (- 90 m) in der USA.
Ein noch viel gigantischeres Projekt stammt von dem deutschen Architekten Hermann Soergel, der das Mittelmeer absenken, die Sahara bewässern und Europa für immer mit sauberem Strom versorgen wollte. Entstehen sollte dabei der neue Kontinent Atlantropa.
Daß die Zeit reif dafür ist, als Soergel mit seiner Idee im März 1928 erstmals an die Öffentlichkeit geht, beweist die technische Entwicklung: Etwa zeitgleich mit der Erfindung von Stromgeneratoren waren im 19. Jahrhundert auch moderne Wasserkraft-Turbinen entwickelt worden, und Anfang des 20. Jahrhunderts ist die Technik für die Stromerzeugung marktreif. Sofern die Fallhöhe des Wassers mindesten 50 m beträgt, lassen sich mit den modernen ‚Francis-Turbinen’ bereits Wirkungsgrade von bis zu 90 % erreichen.
Die zuvor auch Panropa-Projekt genannte Vision ist überwältigend: Das größte Kraftwerk Europas verschließt die Meerenge von Gibraltar, und bis zu 88.000 m³ Wasser schießen hier pro Sekunde durch die gewaltigen Turbinen und erzeugen 50.000 MW Strom. Für die Straße von Gibraltar, die an ihrer engsten Stelle nur 12 km breit, dafür aber bis zu 300 m tief ist, plant Soergel einen gigantischer, bogenförmigen Damm, der über weite Strecken im seichten Wasser steht, so daß nur ein Teilstück von 5 km im tiefen Wasser erbaut werden muß. Die Dardanellen werden ebenfalls durch einen Staudamm verschlossen, und auch hier erzeugen die Generatoren Strom. Durch ein gigantisches Verbundnetz, das natürlich die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Staaten erfordert, läßt sich so ganz Europa mit Strom versorgen – und wächst zu einem einheitlichen und friedlichen Wirtschaftsraum zusammen. Außerdem vereint der Gibraltardamm Europa mit den prosperierenden afrikanischen Kontinent.
Hanns Günther beschreibt die Fernziele des Projektes in seinem 1931 erschienenen Kosmos-Büchlein In hundert Jahren: „Das Panropa-Projekt soll in einer großen und gemeinsamen Aufbau- und Friedensarbeit, an der alle Völker Europas teilnehmen müßten, das sich zersetzende Abendland wirtschaftlich heben und einigen.“ Die politischen Gegebenheiten widersprechen zu jener Zeit einer Verwirklichung des Planes, „aber in hundert Jahren wird er vielleicht längst verwirklicht sein, als erste große Gemeinschaftstat der Vereinigten Staaten von Europa.“
Soergel beschäftigt sich jedenfalls ausführlich mit dem lokalen Klima und stellt fest, daß die warmen Sommer und die trockenen Westwinde am Mittelmeer dafür sorgen, daß ständig große Mengen an Wasser verdunsten, während die wenige Flüsse, die ins Mittelmeer münden, diese Verluste nicht aufgleichen können. Das Mittelmeer kann seinen Wasserspiegel also nur durch den ständigen Nachschub von Atlantikwasser halten. Würde man die Straße von Gibraltar schließen, dann würde der Meeresspiegel um über 1,65 m pro Jahr sinken.
Jahre später ist das Mittelmeer deutlich kleiner geworden, doch dafür hat Europa 233.000 km² Neuland als Siedlungsfläche dazu gewonnen, etwa die Größe Frankreichs. Im Westen liegt der Wasserspiegel des Mittelmeers nun um 100 m tiefer, nach einer weiteren Staustufe bei Sizilien fällt er sogar auf 200 m ab. Und im Norden Afrikas erstrecken sich in der einst ausgedörrten Sahara nun ausgedehnte Plantagen. Inzwischen sind neue Häfen gebaut, und ganze Städte verlegt worden.
Soergel gelingt es seine Popularität zu nutzen, um Mitstreiter für seine Idee zu finden. Einer von diese ist der jüdische Architekt Erich Mendelsohn. Er ist er in der zionistischen Bewegung aktiv, die einen eigenen Staat Israel anstrebt, und durch das neue Küstenland, so glaubte er, würde auch genug Lebensraum entstehen, um Palästinensern und Juden ein friedliches Nebeneinander zu garantieren. Mendelsohn bietet Soergel an, die Planung für dieses neue Palästina zu übernehmen.
Während der Weltwirtschaftskrise ab 1929 bietet sich die von Atlantropa für viele Menschen als realisierbares Utopia an, doch nachdem die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kommen, gerät die Idee in ihre schwerste Krise, denn die neue Regierung in Berlin mißtraut der pazifistischen Ausrichtung des Projektes. Erst nach dem Krieg blüht die Idee von Atlantropa noch einmal auf. Am Deutschen Museum in München wird ein ‚Atlantropa-Institut’ gegründet, von dem aus Soergel um Mitstreiter für sein Projekt wirbt.
Der Atlantropa-Traum stirbt fast am selben Tag wie sein Schöpfer: Am Abend des 4. Dezember 1952 radelt Soergel auf dem Weg zu einem Vortrag die Münchner Prinzregentenstraße entlang, als ihn auf der völlig geraden Straße ein Auto erfaßt. Wenige Wochen später erliegt er seinen Verletzungen, während der Fahrer nie ermittelt wird.
Heute geht man davon aus, daß Atlantropa in der Mittelmeerregion zu einem ökologischen Desaster geführt hätte. Computersimulationen lassen vermuten, daß eine Absenkung des Mittelmeers um 100 bis 200 m die Verdunstung und damit auch die Niederschläge stark verringen würde. Auch der Grundwasserspiegel in den Mittelmeerländern würde sich vermutlich senken, und eine ausgedehnte Dürre in der Region wäre die Folge – ein Resultat, das durch den inzwischen stattgefundenen Klimawandel anscheinend auch ohne Soergel erreicht wird.
Möglicherweise wäre Atlantropa aber auch Weltweit auf erbitterten Wiederstand gestoßen, denn das Mittelmeerwasser wäre ja nicht verschwunden, sondern in den anderen Meeren. Damit würde Meeresspiegel weltweit um einen Meter angestiegen und ganze Küstenregionen überfluten. Auch dies scheinen wir gerade auch ohne die Idee Soergels zu schaffen…!
Trotzdem erfreut sich Herman Soergels Atlantropa inzwischen neuen Interesses – aus historischen Gründen. So wird im Rahmen eines studentischen Seminars im Wintersemester 2003/2004 an der TU Darmstadt am Fachgebiet Architektur (IKA, Informations- und Kommunikationstechnologie in der Architektur) das Makroprojekt ‚Atlantropa’ mit CAD-Technik visualisiert. Ein Besuch auf der speziellen Website ist sehr zu empfehlen.
Und am 13. Februar 2006 erfolgte die Erstausstrahlung der 45-minütigen Dokumentation des WDR von Michel Morales und Harald Rauser ‚Der Traum vom neuen Kontinent – Atlantropa’.
Denn Visionen sind nicht klein zu kriegen, und das ist gut so. Man muß sie ja nicht immer realisieren – aber darüber nachdenken, träumen und phantasieren sollte man schon dürfen!
Und so erscheint Ende 2007 im ‚International Journal of Global Environmental Issues’ der Aufsatz einer mehrköpfigen Autorengruppe um den Geologen Roelof Dirk Schuiling von der Universiteit Utrecht mit dem Titel: ‚Power from closing the Red Sea: economic and ecological costs and benefits following the isolation of the Red Sea’. Diesmal geht es nicht um das Mittelmeer, sondern um das rote Meer, und die Wissenschaftler untersuchen die Kosten und den Nutzen eines Dammes, welcher an der zwischen Eritrea, Dschibuti und dem Jemen gelegenen Meerenge Bab-el-Mandab das Rote Meer sperren und damit 50 GW Strom produzieren könnte. Ein dort errichteter Staudamm würde nämlich das Einfließen von Meerwasser aus dem Indischen Ozean in das Rote Meer unterbinden, dessen Wasserspiegel aufgrund der Verdunstung sinken würde – allerdings mit katastrophalen ökologischen Folgen.
Schuiling und seine Kollegen hatten bereits vor zwei Jahren ein ähnliches Projekt für die Straße von Hormus, die den Iran vom nordöstlichen Zipfel der arabischen Halbinsel trennt, vorgeschlagen…
Speicherwerk oder Pumpspeicherkraftwerk
Herdecke
Diese Kraftwerke sind eine relativ neue Technik zugunsten des Netzausgleichs, und in Deutschland wurden die meisten großen Pumpspeicher Ende der 1930er Jahre gebaut. Allerdings hatte schon Gottfried Wilhelm Leibniz dieses System im Jahre 1685 als Energiespeicher für die wechselhafte Windnutzung im Oberharzer Bergbau postuliert. Fest steht, daß sich Energie über Pumpspeicherwerke problemlos und mit hohem Wirkungsgrad speichern läßt.
Die Funktion der Pumpspeicherwerke ist, daß in Zeiten geringen Strombedarfs die überschüssige (aus anderen Primärenergiequellen produzierte) elektrische Energie dazu verwendet wird, Wasser in ein spezielles hochgelegenes Speicherbecken zu pumpen. Zu Zeiten der Spitzenbelastung des Öffentlichen Netzes wird dann mit dem wieder hinabstürzenden Wasser auf konventionelle Weise Strom erzeugt. Das System ist damit kein eigentliches Energie-Separationssystem; aber sein Nutzen ist wirtschaftlicher Natur und dient auch dazu, große Reserven in Minutenschnelle einsetzen zu können.
Ein bestimmter Typ von Pumpspeicherwerken mit zusätzlichem natürlichen Wasserzufluß wird als Hybridspeicher bezeichnet.
Das bislang größte Pumpspeicherkraftwerk Europas wurde in den 1980ern in Wales/Großbritannien gebaut. Es ist besonders für eine extrem schnelle Verfügbarkeit des Wassers konzipiert und kann innerhalb von 10 Sekunden dem Netz eine Leistung von 1.320 MW zur Verfügung stellen. Bei einer Höhendifferenz zwischen Unter- und Oberwasserspeicher von 500 m hat das ‚Dinorwic-Projekt’ einen Durchlauf von 400 t/s. Bei dem oben abgebildeten Kraftwerk handelt es sich um das Pumpspeicherkraftwerk Herdecke, das 1983 von Lahmeyer International errichtet worden ist.
Mit dem Bau des größten und modernsten Pumpspeicherwerk in den neuen Bundesländern wurde Ende 1997 begonnen, 2003 sollte es fertiggestellt sein. Für Baukosten in Höhe einer Milliarde DM wird die Anlage mit vier 265-MW-Pumpturbinen ausgestattet, die das um 300 m höhergelegenes Speicherbecken mit einem Nutzvolumen von 12 Mio. m3 mit Wasser befüllen – und bei Bedarf acht Stunden lang 1.060 MW Leistung zur Verfügung stellen können. Die ersten Arbeiten an diesem Projekt wurden bereits 1974/75 getätigt, doch 1981 wurde es von der damaligen DDR-Regierung aus wirtschaftlichen Gründen gestoppt.
Umweltspezifisch wirken sich Pumpspeicherkraftwerke durch die sehr großen erforderlichen Baumaßnahmen negativ aus, daneben treten auch nicht unbedeutende Arbeitsverluste auf. Der Wirkungsgrad (von aufgenommenen bis wieder abgegebenen Kilowattstunden gerechnet) liegt bei etwa 75 %.
Gletscherkraftwerk
Derartige Projektierungen betreffen in der Hauptsache Grönland und ähnliche Polargebiete. Als SchmelzwasserKraftwerke hätten die Anlagen sehr große Wassermengen bei Nutzfallhöhen zwischen 1.000 und 3.000 m zu ihrer Verfügung. Allein in Grönland sollen etwa 20 derartiger Anlagen technisch realisierbar sein, bei Dimensionierungen zwischen 90 und 120 · 10 hoch 9 kWh/j.
Der Schweizer Geologe und Grünlandexperte Hans J. Stauber hat bereits in den 1960ern die Idee der Gletscherkraftwerke formuliert. Damals rechnete er damit, daß sich mit diesen bis zu 2.000 TWh Elektrizität erzeugen lassen. Später meldete er sogar ein Patent an, das den Einbau von Großkraftwerken in die Steilwände des südgrönländischen Gebirges zum Inhalt hat. Das Sammel- und Speichersystem auf dem Inlandeis ließe sich mit relativ geringem Aufwand realisieren, wobei sich die Sonnenstrahlung mit Kunststoffbelägen absorbieren läßt, während Schneefräsen Kanalsysteme und Stauräume für das Schmelzwasser schaffen und instandhalten würden.
Anfang 1990 berichtete die Presse von ersten Planungen einer Arbeitsgruppe des Geologischen Dienstes von Grönland für ein derartiges Kraftwerk, das 50 bis 100 GW produzieren soll. Der Leiter dieser Arbeitsgruppe, Anker Weidick, rechnet im Gegensatz zu Stauber damit, daß sich in Grönland nur etwa 10 TW erzeugen lassen. Beginnen wollte die Projektgruppe in der Stadt Jakobshavn an der Diskobucht. Zwei Seen sollten mit Inlandeis befüllt werden, dann leicht gestaut und mit unterirdischen Stollen von der Sohle her angezapft werden (eine Methode, die in Norwegen bereits umweltschonend und erfolgreich erprobt wurde). Ebenfalls Norwegen präsentiert im Jahr 2000 sein erstes Gletscherkraftwerk, über das mir allerdings noch keine weiteren Informationen vorliegen.
Ein großer Nachteil bei Wasserkraftwerken, die mit Gletscherwasser gespeist werden ist der im Schmelzwasser mitgeführte Sand. Ein Beispiel ist die hoch in den Alpen gelegene Talsperre Grande Dixence, die mit über 280 m eine der höchsten Staumauern der Welt ist und 20 % der Schweizer Stromreserven speichert. Das Gletscherwasser wirkt wie Schmirgelpapier, wenn es unter hohem Druck auf die Schaufelräder der Turbinen trifft. Der extrem harte Edelstahl wird dabei pro Jahr um 2 cm abgeschliffen – und die Wartung sehr aufwendig, denn auf jedes einzelne Schaufelblatt muß Schicht für Schicht neuer Stahl geschweißt werden.
Die wichtigsten Probleme bei einer Verwirklichung derartiger Bauwerke bilden daher die klimatischen Extremanforderungen gegenüber Bauwerk, Material und Besatzung. Außerdem ist noch nicht bekannt, wie die Schmelzwasserbewegung im Gletscher erfolgt. Hinzu kommen Schwierigkeiten bei der Energieübertragung über die jeweils mindestens 2.500 km betragende Entfernung bis nach Europa oder Nordamerika, wo der Strom gebraucht wird. Letztlich sei auch noch die verkehrstechnisch äußerst schlechte Lage dieser Kraftwerke erwähnt, was sowohl den Bau, als auch Betrieb und Wartung sehr erschwert.
Als nächstes kommen wir zu den Meereskraftwerken welche die Gezeiten, die ozeanischen Strömungen, die Wellenenergie oder auch verschiedene Gradientenunterschiede nutzen.