Wasserkraftwerke
Wasserkraftwerke im Umfeld der erneuerbaren Energien
Wie bereits erwähnt ist elektrische Energie ‚aus Wasser’ problemlos, sauber und billig beim Wasserkraftwerk zu erzeugen. Da das Prinzip der Wasserturbine schon über 150 Jahre alt ist, liegen in diesem Bereich langjährige Erfahrungen vor, die dessen Systeme haben ausreifen lassen. Und da der Fluß des Wassers in die Berechnungen als ‚kostenloser’ Aktivposten aufgenommen wird, beschränkt sich die Investition bei hydroelektrischen Anlagen auf die einmal errichteten Systeme nebst derer – meist relativ einfachen – Wartung.
Die Bezeichnung ‚Turbine’ wurde 1824 (o. 1826) im Rahmen eines öffentlichen Wettbewerbs der Societé d’Encouragement pour l’Industrie Nationale gefunden. Es war ein Preis von 6.000 Franc für die Konstruktion eines Wasserrades ausgesetzt, das industriell verwendet werden konnte – und auch ohne Leistungsverlust unter Wasser. Einer der Mitbewerber, der Franzose Claude Burdin (1790 – 1873), schlug vor, ein solches Rad ‚Turbine’ zu nennen, nach dem lateinischen Wort turbo, Wirbel. Burdins eigener Entwurf war allerdings nicht erfolgreich, den Gewinn strich der 24-jährige Bénoit Fourneyron (1802 – 1867) ein, dessen Konstruktion sich durch zwei konzentrische Räder und einen Wirkungsgrad von 80 – 85 % auszeichnete. Das feststehende innere Rad hatte gekrümmte Leitschaufeln, die das Wasser gegen die Laufschaufeln des äußeren Rades, dem Läufer, leiteten. Die erste Fourneyron-Turbine wurde dann ab 1835 in St. Blasien im Schwarzwald eingesetzt und leistete rund 6 PS.
Eine Abwandlung der Fourneyron-Turbine bestand darin, die Leitschaufeln oberhalb des Laufrades anzuordnen. Auf diese Idee kam Karl Anton Henschel, der seine Überdruckturbine 1837 für eine Sternschleiferei in Holzminden entwarf. 1841 installierte eine weitere Turbine in einem Braunschweiger Steinbearbeitungsbetrieb – wo sie der Franzose Nicolas J. Jonval sah und sich 1843 daraufhin einen Nachbau patentieren ließ. Deshalb ist die Bauart als Jonval-Turbine bzw. als Henschel-Jonval-Turbine bekannt.
Das Wasser durchströmt die Turbine axial von oben nach unten. Der Leitapparat lenkt das Wasser in das darunter liegende Laufrad. Als Neuerung versah Henschel den Abfluß mit einem Saugrohr. Dadurch wird das gesamte verfügbare Gefälle genutzt, obwohl die Turbine über dem Unterwasserspiegel montiert ist.
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Weitere und weniger bekannte Turbinentypen wurden gebaut von Friedrich Wilhelm Schwamkrug (von 1846 an, Gleichdruckturbinen für Gefälle über 100 m, neu sind die waagrechte Anordnung der Welle und die Form des Leitapparates), von L. Dominique Girard (ab 1851, im 19. Jh. für große Fallhöhen am häufigsten eingesetzt), oder von dem Münchner Ingenieur J. W. Stawitz (1878, Gleichdruckturbine mit Freistrahldüsen, das einzige Exemplar war 1879 – 1891 in Großhesselohe bei München in Betrieb).
Bereits im Jahre 1849 schuf der aus England kommende und nach Amerika ausgewanderte James B. Francis (1815 – 1892) die erste der heute noch nach ihm benannten Francis-Turbinen für Wasserkraftwerke, und der Österreicher Prof. Victor Kaplan (1876 – 1934) entwickelte in Brünn/Mähren um 1910 die ebenfalls bis heute nach ihm benannte Kaplan-Turbine. In den Jahren 1912 und 1913 ließ er seine Konstruktion patentieren, die aus einer Turbine mit senkrechter Achse und einem propellerähnlichen Laufrad mit verstellbaren Laufschaufeln bestand, und eine ganze Reihe führender Turbinenhersteller begannen die Turbine in Lizenz zu bauen.
Die erste Kaplanturbine wurde 1919 in einer Textilfabrik in Velm/Österreich installiert. Bei einer Fallhöhe von nur 2,3 m erzielte sie immerhin 25,8 PS. Durch die später an dieser Turbine aufgetretenen Korrosionsschäden entdeckte Kaplan übrigens auch die Kavitation, eine physikalische Erscheinung die auftritt, wenn ein Propeller unter Wasser mit hoher Geschwindigkeit rotiert. An der Saugseite der Laufschaufeln kann ein derart hoher Unterdruck entstehen, daß sich dort Dampfblasen bilden, durch welche die Schaufeloberfläche stark korrodieren kann.
Voraussetzung für diese Entwicklungen waren die bedeutenden Verbesserungen, die der Engländer James Thomson – der ältere Bruder des Lord Kelvin – in Form verstellbarer Leitschaufeln und gekrümmten Laufschaufeln einführte.
(Patentanmeldung)
Zur Unterscheidung der beiden o.g. Typen sei gesagt, daß sich die Francis-Turbine besonders für geringe Wassermengen aber sehr große Höhenunterschiede, während sich die Kaplan-Turbine für genau die gegenteilige Situation gut eignet. Für die maximale Energieausbeute entspannen moderne Francis-Turbinen das Wasser durch einen so extremen Druckabfall, dass es beim Ausströmen aus der Turbine regelrecht zerreißt und zu kalten Dampfblasen aufschäumt. Auch hier darf diese Kavitation die Turbinenschaufeln keinesfalls berühren: Treffen die Bläschen auf das Metall, dann implodieren sie heftig und reißen Löcher in das Material. Die Turbine muss also immer knapp vor dem Schwarm fieser Blasen rotieren – gewissermaßen im Grenzbereich surfen.
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Ein dritter Typ für den Einsatz im Wasserkraftwerk, die zur Ausnutzung von 200 m – 2.000 m Gefälle einsetzbare Pelton-Turbine, geht auf den Bergbauingenieur Lester A. Pelton (1829 – 1908) zurück, welcher erst durch viele Versuche mit den verschiedensten Becherformen zum günstigsten Resultat gelangte. Während des Goldrausches in den 1860er Jahren in Kalifornien war es die allgemein angewandte Methode, Gold von tumbem Gestein und Sand zu reinigen, das Erdreich durch einen unter hohem Druck stehenden Wasserstrahl abzuspülen.
Um 1870, als kein Gold mehr gefunden wurde, verwendete man das Wasser, um Wasserräder zu betreiben. Pelton war einer der Leute, die mit dem Bau dieser Wasserräder beschäftigt war. Eines Tages traf ein Wasserstrahl zufällig nur den äußeren Teil der gekrümmten Schaufeln des Rades, dessen Geschwindigkeit daraufhin derart zunahm, daß es in Stücke flog. Nach vielen Versuchen entstand eine Schaufel aus zwei flachen Schalen, die in der Mitte der Laufschaufel zusammengefügt sind – das Peltonrad. Und 1882 galt als das Jahr, in dem erstmals US-Ingenieure in einem Stauwerk in Wisconsin eine dieser ‚Freistrahl-Turbinen’ mit einem Generator gekoppelt haben.
Das erste Elektrizitätswerk in Deutschland baute 1884 Oskar von Miller (1855 – 1934) in München. Auch die Grundsteinlegung für das Deutsche Museum 1906 in München durch Kaiser Wilhelm II. geht auf seine Initiative zurück. Von Miller war sowohl zwischen 1912 und 1914 Vorsitzender des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI), als auch als technischer Berater Mitglied der Friedensdelegation 1919 in Versailles. Von 1918 bis 1924 war er Projektleiter beim Bau des damals größten Speicherkraftwerks der Welt, des Walchenseekraftwerks (s.d.) und 1930 wurde er zum Ehrenpräsidenten der II. Weltkraftkonferenz in Berlin gewählt. Einige seiner Wasserkraftwerke sind auch 2007 noch immer in Betrieb.
(Patentanmeldung)
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Die schaufellose Tesla-Turbine wurde zwischen 1900 und 1906 von Nikola Tesla erfunden. Zum Patent meldete er sie dann 1921 an. Sie besteht im Wesentlichen aus mehreren runden Scheiben, die in mehreren Lagen übereinander gepackt und im Zentrum über eine Achse verbunden sind. Zwischen den Scheiben sind Hohlräume. In der Nähe des Zentrums sind Löcher, durch welche die einzelnen Hohlräume miteinander verbunden sind. Das Medium wird durch eine Düse tangential zwischen die Scheiben gedrückt, durchwandert dabei in mehreren Umdrehungen mit steigender Drehzahl die Zwischenräume der Scheiben und treibt den Rotor durch die Bildung von Oberflächenwirbeln an. Im inneren Bereich sind die Rotorscheiben mit Speichen an der Nabe befestigt oder mit Fenstern versehen durch die das Medium austreten kann.
Einer anderen Beschreibung nach funktioniert die Tesla-Turbine (möglicherweise handelt es sich hier um ein anderes Modell; Tesla war bekanntermaßen ein Viel-Erfinder) indem sie die Energie eines Strudels in einem Fluid (z.B. der Strudel des abfließenden Badewannenwassers) aufnimmt. Dazu setzt man die Turbine einfach in die Mitte des Strudels. Durch die Reibung zwischen Fluid und Turbinenscheiben werden die Scheiben auf die Winkelgeschwindigkeit des Strudels gebracht, während das Fluid Energie verliert und so in eine engere Bahn gezwungen wird. In der Nähe des Zentrums fließt das Fluid dann durch die Löcher in die nächsttiefere Ebene. Vorteile der Tesla-Turbine sind der einfache Aufbau, ein ihr nachgesagter außergewöhnlich hoher Wirkungsgrad und die hohe Vibrationsarmut durch Mangel an Unwuchten. Im industriellen Rahmen kam die Tesla-Turbine damals jedoch nicht über den Prototypen hinaus, da sie derart hohe Winkelgeschwindigkeiten erreichte, daß sich das Material der Scheiben ausdehnte wie ein vom Bäcker rotierter Pizzaboden.
In seinen theoretischen Abhandlungen erwähnte Tesla, daß seine Turbine mit den Wirkungen der Adhäsions- und Kohäsionseffekte arbeitet, und er weigerte sich strikt anzuerkennen, daß dies irgend etwas mit der ‚Reibung’ zu tun hätte. Man vermutet heute, daß die Wirksamkeit der Tesla-Turbine mit dem Coandă-Effekt erklärt werden kann. Mit dem Begriff Coandă-Effekt wird die Erscheinung bezeichnet, daß ein Gas- oder Flüssigkeits-Strom der Krümmung einer konvexen Oberfläche folgt, anstatt sich in der ursprünglichen Fließrichtung weiterzubewegen.
Seit dem Frühjahr 2004 bietet die US-Firma Tesla Engine Builders Association aus Milwaukee (TEBA) übrigens eine 21“-Tesla-Turbine mit drei Platten und 7.200 U/m für Forschungszwecke an, während sich in Deutschland Rainer Schmieg und seine Firma RS Design in Blankenhain intensiv mit der Weiterentwicklung der Tesla-Turbine beschäftigen.
Bereits in den 1940er Jahren wurde in Deutschland eine interessante Abwandlung der Kaplanturbine entwickelt. Diese bestand aus einer konventionellen Kaplanturbine, der in einer stromlinienförmigen Ummantelung ein Generator nachgeschaltet war. Beide Einheiten wurden horizontal in waagrechte Stollen des Kraftwerks eingebaut.
Eine weitere Konstruktion bildet die Außenkranz-Generatorturbine, die auf den 1882 geborenen Leroy Harza im Jahre 1919 zurückgeht. Zwischen 1937 und 1950 hat das Schweizer Unternehmen Escher Wyss AG insgesamt 73 Stück dieses Turbinentyps in Kraftwerken an Iller, Lech und Saalach installiert. Eine Renaissance erfuhr die Harza-Turbine ab 1980, als Escher Wyss im belgischen Ardenne drei, und in Lixhe sogar 4 weiterentwickelte Typen von jeweils 5,5 MW an das Öffentliche Netz anschloß. 1982 folgten zwei weitere Turbinen mit jeweils 8 MW im österreichischen Weinzödl. Besonders interessant ist dieses Turbinenkonzept, weil es auch in der Pilotanlage des Kanadischen Gezeitenkraftwerks installiert werden soll (s.d.).
Besonders gut für Kleinwasserkraftwerke geeignet ist die einfache und robuste Durchströmturbine, bei der das einströmende Wasser so abgelenkt wird, daß es das Laufrad als rechteckiger Wasserstrahl quer durchströmt und dabei zweimal gegen die Schaufeln trifft Kleinere Schwankungen der Wassermenge werden durch Verstellen der Strahlhöhe ausgeglichen, größere Schwankungen durch Verkleinerung der Strahlbreite. Das Abwasser wird dann durch ein Saugrohr geführt, wodurch ein Unterdruck entsteht, der den Wasserstrahl zusätzlich beschleunigt. Diese Turbine ist schon bei Fallhöhen unter 1 m und ab 70 l Wasser pro Sekunde einsetzbar.
Frühe Formen stammen von dem Australier Anthony Michell (Patent 1903, langjährige Herstellung in Weymouth), von dem Ungarn Donát Bánki (in Ungarn bis 1926 und dann wieder nach dem 2. Weltkrieg gebaut) und dem Deutschen Fritz Ossberger (Patent 1922, Herstellung bis heute). Ossberger-Turbinen werden vor allem in Kleinkraftwerken für Fabriken und kleine Gemeinden eingesetzt. Eine Einzelturbine kann bis zu 1.000 kW leisten.
Die Tauernkraftwerke AG in Österreich bieten für den gleichen Einsatzbereich einen Torpedomaschinensatz an, der aus einer halbachsialen Kugelnabenturbine und einem nachgeschalteten Asynchrongenerator besteht und in einem Leistungsbereich zwischen 1 und 5 MW zu haben ist.
Eine spezielle Turbine für die Nutzung der Strömungs- und Gezeitenenergie (s.d.) wird ab 1981 von dem US-Unternehmen UEK Corp. (Underwater Electric Kite) in Maryland entwickelt. Die als Doppelturbinen konzipierten Anlagen können sich mit der Strömungsrichtung drehen. Für zeitweilige Einsätze bietet das Unternehmen auch ein kleines, schwimmfähiges Modell an.
Die UEK Corp., die ihre ersten Versuche in Kooperation mit der Ontario Power Generation in Kanada durchführt, erhält 1984 den renommierten Rolex-Award. Im Mai 2001 wird ein Vertrag mit der Regierung Kolumbiens geschlossen, im zwei Turbinen von je 1 MW im Fluß Inirida bei Cerros de Mavecuri einzusetzen. Zusammen mit der Stromanbindung kostet das Projekt über 14 Mio. $. Im September 2002 soll dann eine Demonstrationsanlage mit 90 kW im Yukon bei Eagle (Alaska) installiert werden.
Eine umfangreiche Übersicht über dieses Projekt sowie über andere diverse Modelle, die zur Nutzung der Strömungsenergie im Meer entwickelt worden sind, folgt in einem späteren Kapitel.
Als weitere Alternative sei hier abschließend noch die bereits oben erwähnte Schauberger-Turbine genannt – obwohl mir bislang keinerlei Unterlagen über tatsächlich erzielte Resultate vorliegen.
Es bleibt ferner abzuwarten, ob sich im Zuge der Veröffentlichung dieser Arbeit vielleicht der eine oder andere Erfinder mit neuen Modellvorstellungen bei Energyprofi.com melden wird – was wir begrüßen und natürlich auch gerne hier veröffentlichen würden.