Besondere Windenergiesysteme

Vertikalachsen-Rotoren

Vertikalachsen-Rotoren haben gegenüber konventionellen Systemen mit waagrechten Achsen folgende Vorteile:

Nachfolgend werden die wichtigsten Konstruktionsmodelle dieser Art von Anlagen im Einzelnen betrachtet, die im Englischen unter dem Oberbergiff VAWT (Vertical Axis Wind Turbine) bekannt sind.

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Der Flettner-Rotor

Die Wirkungsweise dieses Rotors basiert auf einem Effekt, den der Berliner Physiker Heinrich Gustav Magnus 1852 entdeckt: An einem rotierenden und senkrecht zur Achse angeströmten Zylinder entsteht senkrecht zur Achse und zur Anströmrichtung eine Querkraft. Während so auf der einen Seite des rotierenden Zylinders ein Unterdruck entsteht, ergibt sich für die gegenüberliegende Seite ein Überdruck.

Der 1885 in Eddersheim bei Frankfurt am Main geborene Anton Flettner – später bekannter Hubschrauber-Konstrukteur und 1961 verstorben -, der um 1920 mit seinen Experimenten beginnt, will den Magnus-Effekt zum Antrieb von Schiffen nutzen. Im Juli 1923 läßt er auf dem Berliner Wansee ein 50 cm Modellboot zu Wasser, das einen Papierzylinder als Aufbau hat, der von einem Federuhrwerk angetrieben wird. Bereits 1924 setzt er den Versuch maßstabsgetreu um und rüstet den dreimastigen Segelschoner ‚Buckau’ zu einem Rotorschiff um.

Die ‚Buckau’ war in der Wasserlinie etwa 51 m lang und hatte als Segler 889 m2 Segelfläche getragen. Das Schiff wird nun seiner Takelage beraubt und mit zwei Rotoren von jeweils 15,6 m Länge und 2,8 m Durchmesser ausgerüstet. Zum Antrieb der Rotoren dienen zwei 11-kW-Gleichstrommotoren. Die maximale Drehzahl ist 125 U/min. Beide Rotoren zusammen besitzen eine projizierte Fläche von 88 m2. Flettner geht davon aus, daß der Kraftbeiwert der Rotoren zehnmal so groß ist wie die der Gaffelbesegelung. Um einen solchen Wert zu erreichen, werden die Rotoren mit Endscheiben versehen, die den 1,5fachen Rotordurchmesser haben.

Die Buckau

Die Buckau

Die im Herbst 1925 durchgeführten Versuchsfahrten ergeben, daß der Rotor ein in jeder Beziehung zuverlässiges und vollwertiges Antriebsmittel auch für Jachten darstellt. Außerdem ist die Handhabung der Rotoren wesentlich einfacher als das Setzen oder Raffen von Segeln, wofür immer mehrere Mann benötigt werden. Die erzielten Geschwindigkeiten bis 7 m/s entsprechen denen normaler Segeljachten ähnlicher Größe, während bei mehr als 7 m/s die Segeljacht dem Rotor überlegen ist. Eine Segeljacht muß nämlich, wenn der Wind eine größere Geschwindigkeit als 7 m erreicht, bereits die Segel wegnehmen und sie reffen. Bei der Rotorjacht können die Böen dagegen nicht so gefährlich werden. Die Rotoren haben kein ‚Vollzeug’, die Geschwindigkeit wird lediglich durch die Verringerung der Drehzahl, der Winddruck auf den Rotor etwas vermindert. Da nun, wenn der Wind besonders von hinten kommt, der Winddruck auf den Rotor für die Fahrt voll ausgenützt werden kann, ergeben sich sehr hohe Geschwindigkeiten; so werden während der Probefahrten bei 8 bis 10 m Wind in der Sekunde Fahrtgeschwindigkeiten von 20 bis 22 km/h gemessen.

Später wird die‚Buckau’ in ‚Baden-Baden’ umgetauft.

Trotz erheblicher technischer Schwierigkeiten beim Betrieb der Rotoren beweist das Schiff im Einsatz seine Fahrttüchtigkeit. Flettner behauptet, die Rotoren hätten  dem Schiff die gleiche Fahrleistung gegeben wie vorher die Segel – andere Aussagen widersprechen dem und meinen, daß die ursprüngliche Geschwindigkeit von 12 kn mit den Rotoren nie erreicht wurde. Trotz alledem weisen die Rotoren über vier Jahre ihre Brauchbarkeit bei geringem Wartungsaufwand nach.

Flettner-Rotor-Schiff Barbara

Die Barbara

Flettner führt im Mai 1926 mit seinem ‚Kamin-Segelboot’, wie es im Volksmund genannt wird, eine erfolgreiche Atlantiküberquerung durch – und zwar gegen den Wind, wovon Segler sonst nur träumen können.

Im selben Jahr wird im Auftrag der Reichsmarine ein weiteres Schiff bei der AG Weser-Werft in Bremen umgerüstet. Die 90 m lange ‚Barbara’ bekommt neben ihrem 750 kW Motor auch drei Rotoren von je 17 m Höhe und 4 m Durchmesser und kann daher als erstes Motorschiff mit Windzusatzantrieb gelten. Die ‚Baden-Baden’ beweist im sechsjährigen Einsatz die Funktionstüchtigkeit und Zuverlässigkeit des Rotorsystems, allerdings wird der Betrieb beider Schiffe im Zuge der aufkommenden Weltwirtschaftskrise aus ökonomischen Gründen eingestellt.

Die Nachteile dieser Methode bilden das Auftreten störender Kreiselkräfte, die wiederum mit lästigen Fliehkräften verbunden sind und Unwuchten (Vibrationen) erzeugen, die ihrerseits Festigkeitsprobleme aufwerfen. Außerdem ist kein schnelles Anlaufen und Drehrichtungsumsteuern des Rotors möglich. Flettner-Rotoren werden auch in dem 1926 erschienenen Buch von Anton Lübke Technik und Mensch im Jahr 2000 als zukünftige Energieproduzenten vorgeschlagen.

An dieser Stelle muß aber auch der Versuch erwähnt werden, ein Flettner-Flugzeug zu bauen! Durch die erfolgreichen Atlantiküberquerung der Baden-Baden im Mai 1926 inspiriert wurde in den USA ein Rotorflugzeug ohne herkömmliche Flügel entwickelt. Statt dessen kamen auch hier Flettner-Rotoren zum Einsatz, die den Magnus-Effekt nutzten. Die Entwicklung dieses Fluggerätes basierte auf Untersuchungen von Ludwig Prandtl an der Aerodynamischen Versuchsanstalt (AVA) in Göttingen. Prandtl hatte rotierende Zylinder im Windkanal vermessen – und war auf verblüffende Auftriebswerte gestoßen. Ein rotierender Zylinder bot demnach einen bis zu zehnfach höheren Auftrieb als eine Flugzeugtragfläche.

Rotorflugzeug auf dem Wasser

Rotorflugzeug

Die um 1930 gebaute ,921-V’ mit ihren drei Rotationszylindern soll sogar einmal geflogen sein, dann jedoch eine Bruchlandung gemacht haben.

Ansprechend ist auch das Titelbild der Popular Science vom Juli 1933 mit segelartigen, spitz zulaufenden Flettner-Rotoren auf einer Jacht und einem Frachter. Die Idee hat damals jedenfalls großes Interesse geweckt, fiel dann aber lange Jahrzehnte der Vergessenheit heim.

Anton Flettner stirbt 1961 in New York und kann die Renaissance seines Antriebsverfahrens nicht mehr miterleben. Zwar erleidet die US-Amerikanische Windship Development Corp. Schiffbruch, als sie 1983 einen kleinen Flettner-Rotor mit einer Windturbine koppelt – und auch der 1997 verstorbene weltbekannte Meeresforscher Jacques-Yves Cousteau muß im Oktober 1983, damals schon 74jährig, schlechte Erfahrungen machen – als bei Windstärke 9 sein ‚Turbo-Segel’ herunterkommt. Allerdings testete er zu diesem Zeitpunkt eine modifizierte 13,5 m hohe ovale Röhre, bei welcher der Unterdruck mittels einem innenliegenden 12 PS Ventilator und siebartigen Öffnungen in den Säulenseiten erzeugt wird. Auf dem 22 m-Katamaran ‚Moulin à Vent I’ sollte damit die gleiche Leistung wie durch einen konventionellen 150 PS-Motor erbracht werden.

Alcyone vor Ägypten

Alcyone vor Ägypten

Doc h Cousteau macht weiter, assistiert von den Professoren der Pierre et Marie Curie-Universität in Paris Lucien Malavard und Bertrand Charvier: Bis Mitte 1985 wird die ‚Alcyone’, ein verbessertes Modell, von der Firma Pourprix in Lyon konstruiert und beim Aluminium-Konzern Cegedur-Pechiney in Voreppe (Dept. Isère) in Auftrag gegeben; gebaut wird es anschließend in der Werft Société Nouvelle des Ateliers et Chantiers de la Rochelle-Pallice.

Noch im Laufe des Jahres 1985 überquert Cousteau mit der ‚Alcyone’ den Atlantik ohne Zwischenfall und setzt seine Erprobungsfahrt in den Pazifik fort. Das Schiff ist 2006 immer noch für die Cousteau Society unterwegs.

Ab 1985 wird für Cousteau das 800 t Forschungsschiff ‚Calypso II’ geplant, das ebenfalls mit zwei Turbosegeln, d.h. optimierten Flettnerrotoren mit einer projizierten Segelfläche von 150 m2 ausgerüstet werden sollte. Andere Pläne sahen nur ein Turbusail vor. Durch den späteren Tod von Cousteau wird das Vorhaben aber nicht verwirklicht.

Nachdem das Turbosystem durch die französische Firma Cegedur-Pechiney serienreif gemacht wird, erhält 1986/1987 ein 600 t Chemietanker ebenfalls dieses System.

Flettner-Boot

Unbekanntes
Flettner-Boot

Zu dieser Zeit beschäftigen sich auch verschiedene Privatpersonen mit dem Flettner-Prinzip. Mal mit einem Zylinder, wie bei dem abgebildeten Kleinboot, was zumindest auf diesem Foto recht mutig wirkt, und mal mit zwei Zylindern wie bei dem Kutter ,Übergang II’, von dem ich aber nur dieses undatierte Foto aus einem Magazin und keinerlei weiteren Informationen habe.

Ein persönlicher Bekannter, Herr Gottfried Grossmann, berechnete in seinem Schreiben vom 30.06.1983, daß ein 20 m hoher und 2 m durchmessender Rotor eine Fläche von etwa 125,6 m² besitzt. Bei einer Windgeschwindigkeit von 10 m/s entspricht dies jedoch einer Segelfläche von bis zu 1.256 m², da der Magnuseffekt die wirkenden Kräfte bis zum 10fachen der Zylinderfläche steigert. Auch ein weiterer Bekannter, Rainer Höhndorf hat sich mit diesem Prinzip beschäftigt und die eigene Jacht umgebaut (s.u.). Seine zwei Rotoren benötigen jeweils 150 Watt. Er ist der Meinung, daß er damit eine Vortriebsleistung von 3.000 Watt erzielt hätte, was einen ausgesprochen guten Wirkungsgrad bedeuten würde.

1984 wird bei der Hamburger Werft Blohm + Voss der 1982 in Südkorea gebaute 6.700-t-Produktentanker ‚Nura’ mit Flettnerrotoren ausgerüstet. Das besitzende Unternehmen August Bolten will bei dem Tanker dadurch jährlich 15 – 20 % des Treibstoffes einsparen.

Am 13.08.1986 meldet Peter Ferger in Deutschland ein Patent an (Nr. 36.27.532.8), das eine Weiterentwicklung des Flettner-Rotors beinhaltet. Er nennt seine Erfindung ‚Digital-Segel mit aktiver dynamischer Oberfläche’.

Flettner-Testboot Uni-Kat

Uni-Kat

Der Physiker Lutz Fiesser von der Universität Flensburg experimentiert seit 15 Jahren mit dem Flettner-Rotor. Mitte August 2006 nimmt sein Testboot – es ist 6,10 m lang und 4,50 m breit – in der Flensburger Förde erstmals Fahrt auf. Der ,Uni-Kat’ besitzt wie die in der Südsee als Proa bekannten Boot einen zweiten, kleineren Rumpf, der mit dem Hauptteil des Boots über Stangen verbunden ist und ein problemloses Wenden ermöglicht.

Ebenfalls im Sommer 2006 wird bekannt, daß der Auricher Windrad-Hersteller Enercon bei der Kieler Lindenau-Werft ein Frachtschiff mit 29.000 BRT bestellt hat, das mit vier Flettnerrotoren ausgerüstet und im September 2008 ausgeliefert werden soll. Das für den Transport von Windkraftanlagen konzipierte ‚E-Ship’ wird 130 m lang und 22,5 m breit sein. Es besitzt einen dieselelektrischen Hauptantrieb und dazu vier von Enercon entwickelte stählerne Flettner-Rotoren von jeweils 27 m Höhe und 4 m Durchmesser. Bei Windstärke 7 kann der dieselelektrische Hauptantrieb komplett ausgeschaltet werden, denn dann reicht bereits die Kraft der Rotoren, um die Höchstgeschwindigkeit zu erreichen.

Das Schiff soll 30 bis 40 % weniger Kraftstoff verbrauchen, was beträchtlich ist, denn ein derartiger Frachter verbraucht an 320 Tagen im Jahr auf See Dieselöl für rund drei Millionen Euro. Man rechnet daher damit, dass sich der neue Antrieb in weniger als fünf Jahren amortisiert haben wird. Außerdem fahren Schiffe in der Regel mit schwefelhaltigem Schweröl. Dabei erzeugen sie mehr als 7 % des weltweiten Schwefeldioxid- sowie 13 % des Stickoxidausstoßes. Für Ende 2007 ist eine Pressemeldung mit Foto geplant – der Stapellauf folgt dann im Frühjahr 2008, und schon sechs Monate später soll das Schiff offiziell in Betrieb genommen werden.

Grafik eines Schiffes mit drei Thom-Flettner-Rotoren

Thom-Rotorschiff

Über den Flettner-Rotor als physikalisches Prinzip berichte ich auch im Teil D dieser Arbeit. Ein Interview mit Rainer Höhndorf vom Sommer 2006 beschäftigt sich ebenfalls ausführlich mit dieser Technologie (pdf-Dokument).

Eine sehr interessante Optimierungsform des Fletter-Rotors scheint allerdings fast völlig in Vergessenheit geraten zu sein, denn der schottische Ingenieur Alexander Thom berichtet schon 1934 in dem Aeronautical Research Committee Report and Memoranda No. 1623 der Cranfield University, daß viele große Scheiben an einem Flettner-Rotor dessen Leistung beträchtlich anheben. Aus einem maximalen Auftriebsbeiwert des Flettner-Rotors von ca. 12 wird mit Thom-Scheiben ein Auftriebsbeiwert von 20 – bei einem Sechstel des Widerstands. Dies entspricht einer Verzehnfachung der Gesamtleistung.

Aufgenommen wurde diese Idee erst wieder in einem im März 2007 veröffentlichten Bericht von Stephen Salter und Graham Sortino der Universität Edinburgh, in welchem ein Konzept untersucht wird, bei dem u.a. auch seebasierte Anlagen die Wolkenalbeo steigern sollen – d.h. mehr Sonnenlicht zurückwerfen, um die Globaltemperatur zu senken. Die hierfür konzipierten Trimarane sind mit Thom/Flettner-Rotoren ausgestattet.

Der Savonius-Rotor

 

Diese Erfindung geht auf den finnischen Schiffsoffizier S. J. Savonius im Jahr 1924 zurück.

Der Savonius-Rotor hat eine vertikal angeordnete Achse, er besitzt allerdings keine Rotorblätter, sondern nur zwei (oder mehr) gegeneinander versetzte Zylinderhälften, die zusammen mit der Achse verschweißt sind. Ein solcher Rotor ist leicht herzustellen, z.B. aus alten Ölfässern o.ä.

Savonius-Rotoren arbeiten schon bei Windstärken von 2 bis 3; sie sind mit kleinen Durchmessern vermehrt in den 1930er Jahren hergestellt worden, mit einer Leistung von 6.000 kWh im Jahr.

Im Gegensatz zu allen anderen windnutzenden Systemen wirkt die Abluft aus der ersten halbkreisförmigen Schale in der zweiten wieder antreibend, sofern die Schalen nach innen hin offen zueinander sind, wodurch sich relativ gute Wirkungsgrade erreichen lassen – trotz der augenscheinlichen ‚Primitivität’ des Systems.

MAT System

MAT System

Im Laufe der Jahre werden besonders in der 3. Welt viele ähnliche kleine Rotoren aufgestellt, da sie leicht selbst herstellbar sind. Wissenschaftliche Optimierungsbemühungen gibt es aber kaum, und erst Jahrzehnte später werden einige neue bzw. modifizierte Systeme vorgeschlagen.

Eine leicht abgewandelte Art des Savonius-Rotors wird in der 1970ern in Berlin durch die Firma ROTOSOL entwickelt (ROTAG 10-6) und vom Berliner Senat finanziert. Konstruiert wird die Anlage von Alfred Goedecke. Die Erprobung beginnt 1981 auf dem Gelände des Flughafens Tempelhof. Die Anlage ist 4 m hoch und hat einen Durchmesser von 6 m. Bei einer Windstärke 7 bis 8 (etwa 17,5 m/s) beträgt die Nennleistung 10 kW. Das neue an diesem Modell ist die optimierte Systemdurchströmung. Ab 1984 ist das Gerät auch im Handel erhältlich.

Die in Worcester, Massachusetts, beheimatete Mass Megawatts Wind Power, Inc. plant den Bau großer Windkraftanlagen nach dem selbst entwickelten MultiAxis Turbosystem (MAT), das aus einer Vielzahl kleiner, eher flacher Savonius-Rotoren besteht. Ende 2001 baut das Unternehmen einen kleinen Windkanal, um die Optimierung durchzuführen – während in Charlton eine erste Versuchsanlage errichtet wird.

2004 wird dann in Blandford ein Prototyp aufgestellt, und 2006 spricht man bereits hoffnungsvoll von einem ersten 1.000 MW Projekt, obwohl es bislang nur diesen Prototypen gibt, und auch noch keinerlei Finanzierung bereitsteht.

Grafik des Ettridge-Rotors

Ettridge-Rotor

Insgesamt sollen im Laufe von 6 Jahren 2.800 MAT-Einheiten aufgestellt werden. Ich rechne allerdings eher damit, daß dieses Unternehmen zu jenen vielen gehören wird, von denen man später leider nichts mehr hört…

Um das Problem zu lösen, daß die Schaufeln des Savonius-Rotors nur während einem Drittel des Umlaufs vor dem Wind liegen, hat John Patrick Ettridge aus dem südaustralischen Dover Gardens 2006 ein teilweise abgeschirmtes System mitsamt einer darauf gesetzten Wind-Zuleitung entwickelt, durch welche die Blätter auch während der restlichen zwei Drittel des Umlaufs (von schräg oben) einen Windschub bekommen.

Das US-Unternehmen Helix Wind besitzt 2006 bereits Herstellungsanlagen in San Diego, Kalifornien, und in Las Vegas, Nevada. Im Aufsichtsrat des Unternehmens sitzt u.a. Paul Bradley. Der ‚Helix Wind Savonious 2.0’ soll Eigenheime leise und effizient mit Strom versorgen. Im Gegensatz zu den konventionellen Modellen haben die Rotoren von Helix Wind ein gewelltes Schaufelprofil, das als besonders leistungsstark gilt – außerdem sind sie spiralförmig aufgebaut, sodaß auch bei Turbulenzen der Wind bei jedem Winkel während der Rotation eine Angriffsfläche findet.

Am New Earth Development project im kalifornischen Barrio Logan wird 2007 die erste 2 kW-Anlage installiert. Der Rotor mißt 180 x 120 cm und soll sich nur um 5 Dezibel von den allgemeinen Umgebungsgeräuschen abheben. Als Preis des ‚Helix Savonious 2.0’ werden 6.500 US-$ angegeben (ohne Turm und Installation), eine spätere 5 kW-Version soll dann 16.500 US-$ kosten.

Savonius-Turmsegment

WIE-Turmsegment

Ende Mai 2006 will das US-Unternehmen TMA (Terra Moya Aqua) aus Cheyenne, Wyoming, den ersten ihrer weiterentwickelten Savonius-Rotoren mit einer Nennleistung von 25 kW in Betrieb nehmen. Die Windkraftwerke haben eine große Ähnlichkeit mit den seit über 2.000 Jahren bekannten persischen Windmühlen, denn bei den TMA-Anlagen befinden sich zwei halbzylindrische Rotorblätter im Inneren, die von drei festen und sternförmig angeordneten Blechen umstellt sind.

Während der Forschungs- und Entwicklungsphase seit 1996 wurden über 300 Versuche in Windkanälen durchgeführt. Für Vor-Ort-Tests sind neun Turbinen gebaut worden, die ein sehr gutes Anlaufverhalten zeigen. Und während die üblichen Senkrechtachser einen Wirkungsgrad von 23 % aufweisen, will TMA diesen Wirkungsgrad mit ihrem verbesserten Design auf 40 % – 45 % steigern.

2007 wird die Versuchsanlage knapp zweieinhalb Monate an das öffentliche Netz angeschlossen. Das TMA-Design ist von 1 kW bis 1 MW skalierbar, doch das Unternehmen beabsichtigt keine Anlagen größer als 500 kW zu bauen.

Ganze Savonius-Türme werden erstmals 2006 in Moskau vorgestellt. Der russische WIE-Windrotor des Moskauer Unternehmens Enecsis Wind Energy besteht aus standardisierten Modulen, die in großer Zahl übereinender gestapelt werden können.

Auch das deutsche Unternehmen Energy-Age-Wind arbeitet mit vertikaler Windtechnologie. Ende 2006 soll der Öffentlichkeit ein geräuscharmen Prototyp mit 150 kW präsentiert werden. Die Anlage dieses Unternehmens beinhaltet einen Widerstandsläufer mit enormen Auftrieb. Die  Windbeschleunigung soll das 2,5fache betragen.

Sol Designlampe Grafik

Sol (Grafik)

Im Oktober 2006 gibt die Hybridyne Power Systems Canada Inc. in Newmarket, Ontario, bekannt, daß man ab sofort Exklusivvermarkter des neuen Produks von Panasonic sei, dem Remote Hybrid System (RHS), bei dem es sich um eine stand-alone Technologie handelt, bei der ein verdrillter Savonius-Rotor mit einem Solarpaneel verbunden eine ästhetisch ansprechende Kleinstromversorgung bildet.

Die Berliner Designer WINDFORMER suchen nach neuen Wegen, intelligente Technik und zukunftorientiertes Design zusammenzubringen.

Unter der Vielzahl überzeugender Vorschläge sei hier die insbesondere für öffentliche Plätze entworfene Wind/Sonnenenergie Leuchte ‚Sol’ vorgestellt, unter deren Leuchtkranz sich ein Savonius-Rotor mit gebogenen Blättern aus transparentem Polycarbonat befindet, der mit einem Generator gekoppelt ist. Auf der Oberseite der Leuchte befindet sich außerdem auch noch ein Solarpanel, das tagsüber zusätzliche elektrische Energie für den Nachtbetrieb erzeugt.

Back-Pack Mehrzweck-Savonius

Back-Pack

Noch futuristischer wirkt die Leuchte ‚Futura’, die speziell für die Küste entworfen wurde. Durch ihre Form trotzt sie den Naturgewalten und nutzt diese gleichzeitig optimal aus.

Auch hier wird Energie durch einen Savonius-Rotor aus transparentem Polycarbonat sowie mittels einem Solarpaneel erzeugt.

Absolut genial finde ich den Transportbehälter für Reisen und Expeditionen ‚Back-Pack’, der eenfalls von den Berliner designern entworfen wurde. Wenn die Expedition über Nacht lagert, muß er nur entleert und aufgestellt werden – alle notwendigen Teile sind innen verstaut – um zum Produzieren von Strom eingesetzt zu werden.

Der Umbau der Tonne zu einem Savonius-Rotor erfordert nur wenige Handgriffe – und zum Transport werden alle Teile, neben anderen Ausrüstungsgegenständen, einfach wieder in der Tonne verstaut!

Doch es gibt immer wieder neue Abwandlungen des alten Savonius-Prinzips. Die 2005 in Reno, Nevada, gegründete Firma Mariah Power bezieht sich in ihrer Namensgebung auf den Hit ‚They Wind They Call Mariah’ aus dem Clint Eastwood Film ‚Paint Your Wagon’:

Away out here they got a name
For rain and wind and fire
The rain is Tess, the fire Joe
And they call the wind Mariah

Fuller Windrotor

Fuller-Rotor

Im September 2006 wird erstmals über die hier entwickelte Windspire-Anlage berichtet, die sich durch einen extrem dünnen und hohen Rotor auszeichnet: Die gut 9 m hohe 2 kW Anlage ist nur 60 cm breit – sie kostet allerdings 4.000 $.

Eine weitere Variante des Savonis-Rotors stammt von Adam Fuller aus Racine, Wisconsin. Sein patentiertes Demonstrationsmodell hat eine Höhe von 11 m, läuft sehr leise und soll ebenfalls eine hohe Effizienz erreichen. Bislang fehlt dem Modell allerdings ein Generator, mit dem auch Zahlenwerte ermittelt werden können.

Im Gegensatz zu den herkömmlichen Modellen besitzt die Anlage von Fuller mehrere kleine und flache Schaufeln – weitere Innovationen sind allerdings nicht erkennbar. Fullers Arbeit wird im Laufe des Jahres 2007 über verschiedene Blogs bekannt.

Der Darrieus-Rotor

Dieses System geht auf den französischen Erfinder und Luftfahrtingenieur Georges Jean Marie Darrieus (1888 – 1979) aus Toulon zu Beginn des letzten Jahrhunderts zurück. Das französische Patent erhielt er 1927, ein US-Amerikanisches 1931 [Turbine Having ist Rotating Shaft Transverse to the Flow of the Current, U.S. Patent No. 1.835.018 vom 08.12.1931].

Darrieus-Rotor

Darrieus-Rotor

Das erste Modell von 1929 erzielte 10 kW, hatte zwei Flügel und eine Höhe von 20 m. Der Stromgenerator befindet sich am unteren, leicht zugänglichen Ende der Drehachse. Das Konzept geriet dann lange in Vergessenheit, hat sich aber in den vergangenen Jahren als entwicklungsträchtiger Typ erwiesen.

Es gibt bei derartigen Systemen zwar mehr Probleme als bei Horizontalachssystemen zu lösen – besonders bei einer Anlagengröße über 100 kW –, doch erregt andererseits dieser Typ seltsamerweise die Gemüter der Umweltschützer weitaus weniger, als es bei konventionellen Systemen der Fall ist.

Die meist als 2- oder 3-Blatt-Anlagen ausgelegten Darrieus-Rotoren sind unabhängig von der Windrichtung, allerdings müssen ihre Rotorblätter auch extrem starke Belastungen aufnehmen können. Da diese gleichzeitig die Eigenschaften eines leichten, festen und wetterbeständigen Werkstoffes besitzen müssen, wurden z.B. für die kanadische 200 kW-Anlage 61 cm breite Rotorblätter aus Aluminium-Stragpreßprofilen hergestellt. Vorteilhaft ist, daß die Blätter überall den gleichen Querschnitt aufweisen und daher leichter herstellbar sind. 1997 hat Egon Gelhard aus Zülpich-Dürscheven übrigens ein Computerprogramm entwickelt, das die Herstellung von extrem leichten Darrieus-Flügelprofile aus Aluminium erlaubt, deren Hohlräume mit Schaumstoff ausgeschäumt werden.

Im Juni 1980 stellte die Firma Dornier auf der deutschen Nordseeinsel Pellworm eine rund 20 m hohe kombinierte Darrieus-Savonius ­Anlage auf, die 20 kW Leistung erbrachte.

In den frühen 1980er Jahren arbeitete auch die Firma Heidelberg-Motoren mit Sitz in Starnberg an Darrieus-Rotoren. Das Unternehmen errichtete auf einem Testfeld am Kaiser-Wilhelm-Kanal drei 2 MW Anlagen, die größten in Deutschland. Diese Anlagen erbrachten zwar eine recht gute Ausbeute, mußten allerdings nachts abgeschaltet werden, weil die Generatoren der damaligen Zeit noch sehr laut waren.

Heidelberg-Motoren bekam später vom Germanischen Lloyd sogar das Zertifikat für Antarktistauglichkeit für ein kleineres Modell, weil dieses auf der Deutschen Station nach einem halben Jahr Dienst und Versorgung der Station mit Strom keine Schäden davongetragen hatte (s.u.). Immerhin hatte es dort, wenn auch in abgebremstem Zustand, Stürme mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 220 km/h zu überstanden.

Ein ähnliches Modell wie auf Pellworm wurde von Dornier an der argentinischen Atlantikküste in Comodora Rivadavia in Süd-Argentinien errichtet. Die dortigen Spezifikationen lauteten: Durchmesser 12 m, Höhe 17 m, wirksame Rotorfläche 93 Quadratmeter, 3-flügelig mit NACA-Profil von 320 mm Blattiefe, aus Aluminium (extrudiert) mit 10 kg je laufender Meter, rotierender Turm mit 608 mm Durchmesser aus Aluminium. Als Anlaufhilfen dienen zwei 3-schaufelige Savonius-Rotoren mit 3,75 Metern Durchmesser und 1,55 Metern Höhe.

Die Nennleistung bei 10,4 m/s Wind betrug 20 kW, der Anlauf erfolgte bei 4 m/s Wind, die Maximalleistung war 27 kW, die Abschaltung erfolgte bei 22 m/s Wind, das Überleben bis 65 m/s Windgeschwindigkeit gesichert. Die Nenndrehzahl betrug 80 U/min, die Maximaldrehzahl 150 U/min.

Die Stadt Ellenville im US-Bundesstaat New York hat 1984 insgesamt 71 Rotoren mit einer Höhe von 25 m bestellt, welche die Fallwinde der nahen Shawangunk-Berge ausnutzen sollen. Die Geräte werden dort bildlich überzeugend ‚Eggbeater’ genannt. Seit Ende 1985 werden ähnliche Systeme mit jeweils zwei 25 m langen Kunststoffblättern und 180 kW Leistung auch in britischen Süd-Wales getestet.

In Kanada wird dem Darrieus-Rotor besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Der bekannteste Hersteller ist die Firma Dominion Aluminium Fabricating, Ltd. In Missisauga, Ontario. Die erste Anlage wurde bereits 1977/78 auf den Magdalen-Inseln (Iles de la Madelaine) im Sankt-Lorenz-Golf erstellt, sie sollte 230 kW Leistung erzielen und kostete 1,5 Millionen kanadische Dollar. Sie funktionierte vom Mai 1977 bis zum Juli 1978 und erzielte real durchschnittlich 100 kW. Die Höhe betrug 37 m (mit Unterbau 46 m) bei einem Durchmesser von 24 m und die Rotorblätter aus Aluminium hatten ein Gewicht von 16 Tonnen. Doch schon bei Rotationsgeschwindigkeiten von 31 U/m zeigten sich erste Vibrationsprobleme. Am 06.07.1978 wurden im Zuge von Reparaturarbeiten die Bremsen demontiert, da der Wind von 40 km/h (um 09:00) normale Drehzahlen um die 38 U/m ergab. Nur eine Stunde später hatte sich die Drehzahl auf 68 U/m gesteigert, die Bremsen erwiesen sich als weiterhin defekt und die gesamte Anlage riss sich vom Fundament los, kippte um und war zerstört.

1983 beginnt die Benvest Capital im Auftrag der Hydro-Quebec im Windpark Le Nordais bei Cap-Chat in Quebec mit dem Bau eines 110 m hohen Nachfolgers – dem bislang weltweit größten Darrieus-Rotor. Die von Vickers und CGE hergestellte Éole geht 1984 in Betrieb und leistet 3,8 MW, was zur Versorgung von rund 800 Einfamilienhäusern ausreicht. Sie kostet 110 Mio. kanadische Dollar. Die Anlage arbeitet bis 1992, dann geht durch starke Vibrationen der Achse während eines Sturmes das Rollager an der Basis kaputt. Heute wird sie als touristische Attraktion genutzt, man sogar den Schaft betreten.

Darrieus-H-Rotoren

Darrieus-H-Rotoren

In den USA arbeiteten die Sandia Laboratories in Albuquerque (New Mexico) seit 1974 an VAWT-Systemen (= Vertical Axis Wund Turbine). Bis 1976 wurden verschiedene Modelle mit Durchmessern zwischen 5 und 17 m gebaut. Die zweiblättrigen 5-m-Anlagen erreichten bei Windstärken zwischen 40 und 45 km/h nur 3,5 kW Leistung, während die größeren Modelle mit 2 oder 3 Blättern und einer Gesamthöhe von rund 33 m bereits 50 – 60 kW erzielten. 1982 ging man zu 230 kW-Anlagen über, 1983 folgte ein 500 kW-Modell. Damals wurden auch erste Planungen für einen riesigen 4 MW-Rotor begonnen, der eine Höhe von 96 m und einen Durchmesser von 64 m haben sollte.

Das deutsche BMFT unterstütze 1979/80 die Entwicklung eines Vertikalachsen-Windkorverters mit geraden Rotorblättern (Vavian-A). Das Gerät wurde von der Firma ERNO entwickelt, wegen Bonner Sparbeschlüssen aber nie gebaut. Firmeneigene Folgeuntersuchungen erbrachten ein verbessertes Grundkonzept (Vavian-B). Dabei können die H-förmigen Rotorblätter an der Spitze eines Turmes angebracht werden, wo sie auch bessere Ergebnisse als ‚unten’ erbringen würden. In den USA sind diese Modelle unter dem Namen ‚Giromill’ bekannt.

In den Jahren 1984/1985 wurden etwa 20 % aller neu gebauten Windturbinen als Darrieus-Anlagen ausgelegt.

1990 wurde in Laichingen auf der Schwäbischen Alb eine 28 m hohe 2-blättrige Versuchsanlage der Firma Dornier installiert, die sich allerdings als äußerst problematisch erwies. Abspannseile gerieten in Schwingung, für die Ölversorgung mußten neue Zuleitungen installiert werden, die Bremsen versagten bei kräftigeren Winden. Es folgten ein Generatoren- und Getriebedefekt, dann versagte auch noch die elektronische Steuerung. Dornier fror daraufhin alle Aktivitäten auf diesem Sektor der Windenergie ein. Und 1991 wurde die deutsche Antarktis-Station ‚Georg-von-Neumayer’ mit einem 3-Blatt-Rotor ausgerüstet, der auf Windgeschwindigkeiten bis zu 68 m/sec. und Außentemperaturen bis minus 55° C ausgelegt war.

Quiet Revolution Rotor

Quiet Revolution

Eine weitere Version bildet das Schwebering-Windkraftwerk, das von Christoph Schlobies vorgeschlagen wurde und Anlagengrößen bis 1.000 MW möglich machen soll (Patent DE 3209347 vom 15.09.1983). Dieser Vorschlag stellt eine Weiterentwicklung des Segelwagen-Kraftwerks dar und besteht aus einem Rhönradartigen Doppelring, der mit Windflügeln verbunden ist und auf einer Magnetschiene gleitet oder rollt. Er bildet damit einen Vorgänger der Maglev-Turbinen (s.u.) oder der Floating Vertical-Axis Turbine von Clive Murray Cocker vom Londoner Imperial College (Patent WO 2003/016714) von 2003.

Nach einer längeren Entwicklungsphase beginnt das im italienischen Bozen–Bolzano beheimatete ROPATEC 1996 mit der Prototypen-Testphase seines ROPATEC Windrotors unter extremen Bedingungen. 2001 erreicht man die Serienreife. Das System ist ein Savonius/Darrieus-Hybrid bei dem versucht wird, die Vorteile beider Systeme zu vereinen. Außerdem produziert das Unternehmen verschiedene klassische H-Darrius-Anlagen bis 20 kW, wobei die Preise 2007 zwischen 3.700 € für das günstigste 750 W-Modell und 15.900 € für eine 6 kW-Anlage variieren.

Kunst am Bau bedeutete 1997 für das neue Technische Rathaus in München 1,3 Mio. DM, die es für die Idee des New Yorker Künstlers Vito Acconci ausgeben durfte. Damit wurde auf dem Dach des 60 m hohen Hochhausturms einen Darrieus-Windrotor mit drei senkrechten Blättern installiert, dessen Strom wiederum eine ‚bewegte Landschaft’ antreibt, die im Innenhof auf einer Drehscheibe liegt, um die erzeugte Energie analog sichtbar zu machen. Als am 11. Juli 2000 der Neubau offiziell eingeweiht wurde zeigte sich jedoch, daß die technische Ausführung des Windrades noch Wünsche übrig ließ, denn der Rotor brauchte eine Antriebshilfe.

Wind Sail Rotor

Wind Sail Rotor

Ende der 1990er Jahre beginnt eine Gruppe ehemaliger sowjetischer Waffeningenieure und Wissenschaftler des Makeyev Raketenzentrums im russischen Miass mit der Entwicklung eines Senkrechtachsers. Ihre VAWT (Vertical Axis Wind Turbine) wird ab 2002 im Rahmen der Proliferation Preventions Initiative (IPP) vom US-Department of Energy gefördert. Ebenfalls mit an Bord sind die Lawrence Berkeley National Laboratories (LBNL). Der 2005 vorgestellte Prototyp WPU-2500 hat eine Leistung von 1,5 kW, ist 9 m hoch, hat einen Durchmesser von 3 m und besitzt 3,65 m lange Blätter. Anlaufen tut er bei einer Windgeschwindigkeit von 4 m/s.

Bald darauf wird dann in Rohnert Park, Kalifornien, die Firma Wind Sail gegründet, um das entstandene Produkt zu kommerzialisieren, und im April 2006 wird bei der Firma Empire Magnetics ein 3 kW-Prototyp installiert. Man allerdings nicht sagen, daß dieses Ergebnis sehr berauschend ist – nachdem man sich über 10 Jahre lang damit beschäftigt hat…

Robert Webb and Richard Cochrane gründen im Jahr 2000 das Unternehmen Quiet Revolution Ltd., mit dem sie eine neue Form von Darrieus Rotoren mit geschwungenen Blättern entwickeln. Das ganze Gerät ist 5 m hoch, hat einen Durchmesser von 3,1 m und Blätter aus Karbonfasern. Die 6 kW Anlage soll 25.000 Englische Pfund kosten.

Die neue, leicht gewundene Form findet mehr und mehr Anhänger. Zum Beispiel Sander Mertens von der Technischen Universität im niederländischen Delft. Er berechnet Windströmungen an Hochhäusern im Computer und stellt fest: Unabhängig von der Höhe eines Hauses wird der Wind durch die Kanten beschleunigt. Das heißt, an den Seiten und auf dem Dach ist der Wind deutlich schneller als vor dem Haus.

Mertens entwickelt daraufhin den Prototypen eines Rotors, mit dem das Potenzial hochgeschossiger Gebäude genutzt werden kann. Je nach Höhe des Hauses könnte ein einziger Rotor von zwei Metern Breite und drei Metern Höhe auf dem Dach den kompletten Energiebedarf einer Familie decken. Ähnliche Konstruktionen für Dächer sind in Holland bereits im Einsatz. Die so genannten Windwälle können jedoch noch effizienter gestaltet werden.

Fahrtwind-Rotoren über Autobahn

Fahrtwind-Rotoren

Als weiteres Konzept erscheinen dieser Rotoren auch im Einsatz über Autobahnen – wo damit der Fahrtwind der Fahrzeuge quasi recycelt wird. Auch ästhetische Gründe sprechen für diesen Einsatz in einem sowieso schon voll technisierten Umfeld.

Im Rahmen eines Entwicklungsplanes für Las Palmas auf Teneriffa hat das britische Unternehmen Grimshaw Architects gemeinsam mit der Windpower Ltd. einen ‚supereffizienten’ und sehr weit fortentwickelten Darrieus-Rotor konstruiert.

Der Mitte 2005 vorgestellte ‚Aerogenerator’ besitzt ein V-förmiges Profil, auf dessen Schenkeln jeweils mehrere Tragflächen übereinander angebracht sind, und ähnelt ein wenig einer riesenhaften Fernsehantenne. In gleicher Bauhöhe wie das London Eye Riesenrad (135 m) soll die Anlage ab 2011 bei nur drei Umdrehungen in der Minute 9 MW Strom produzieren.

Aerowind

 

Im Januar 2006 gründete sich die Aerowind Systems in Zhuhai, Guangdong, um insbesondere für die ländlichen Gebiete in China selbst eine kleine und effektive Windkraftanlage herzustellen. Das erste Modell entspricht noch einem schlichten geraden Darrieus, wie er bereits seit Jahrzehnten bekannt ist.

Doch bereits im April 2007 zeigt das Unternehmen eine 1,5 kW Aerospiral Anlage (1,60 m Durchmesser, 3 Blätter à 2 m Länge, Gesamtgewicht 45 kg), sein 1kW VAWT-System im Mai 2007 auf den Markt kommen sollte. Die Systeme starten bereits bei Windgeschwindigkeiten um 2m/s und sollen einen sehr ruhigen Lauf haben.

An der Hochschule Bremerhaven ist Ende 2006 ein Prototyp eines ähnlich modifizierten in der Testphase. Hier hatte man bemerkt, dass sich das oft als lästig empfundene sirrende Geräusch der herkömmlichen Modelle, das durch kleine Windwirbel an den Flügelspitzen entsteht, leicht vermeiden lässt.

Beim daraufhin entwickelten Twister sind die Rotorblätter leicht in sich verdreht, die Wirbel entstehen nicht und die unangenehmen Geräusche verschwinden. Dies ist auch einer der Hauptgründe für die zwischenzeitliche Verbreitung dieser Verdrillung auch bei anderen Produzenten. Die Stromleistung des Prototyps aus Bremerhaven liegt bei 300 W.

Grafik der Darrieus-Rotoren von Oberholzer

Oberholzer-Konzept

Für dieselbe Struktur hatte Prof. Alexander Gorlov schon 1994 ein Patent erhalten – allerdings für den Einsatz unter Wasser, weshalb sie auch unter den System aufgeführt wird, welche die Meeresströmungen nutzen.

2006 beteiligt sich Mark Oberholzer an dem Metropolis Next Generation Design Wettbewerb. Seine Anfang 2007 publizierte Innovation soll den an Autobahnen entstehenden Fahrtwind nutzen, indem eine Vielzahl kleiner, gewundener Darrieus-Rotoren innerhalb der in den USA weit verbreiteten Fahrbahn-Begrenzungen aus Beton installiert wird. Aufgrund von Versuchen fand er außerdem heraus, daß übereinander gestapelte Doppel-Turbinen besser dazu in den Lage sind, den Wind aus beiden Richtungen zu nutzen.

Grafik eines Flugzeugs mit Rotationsflügeln

Egg-Bater Wind Plane

An dieser Stelle darf nicht der Hinweis fehlen, daß eine abgewandelte Form des Darrieus-Rotrors – ähnlich wie beim Flettner-Rotor (s.o.) – auch zum Antrieb von Flugzeugen eingesetzt werden sollte. Unter dem Stichwort ‚Egg-Beater Wind Plane’ oder ‚Cycloidal flying machine’ findet man leicht weitere Informationen über die Erfindung von Dr. Frederick K. Kirsten, der in den 1930ern in den Lufttechnischen Labors der University of Washington verschiedene Modelle gebaut hat. Die hier abgebildete Version stammt aus dem US-Magazin Modern Mechanix vom Oktober 1934.

Die negativen Aspekte des Darrieus-Rotors sind seine Bodenständigkeit, da keine großen Höhen erreichbar sind, das träge Startverhalten, die problematische Sturmsicherung und die starken Vibrationen, die im Betrieb oftmals festgestellt worden sind. Das größte Problem der Darrieus-Rotoren sind die extremen Lastwechsel, denen die Flügeln standhalten müssen.

Der Hammurabi-Rotor

Über diesen Rotor findet sich nichts in der Literatur, er ist mir auch nur durch die persönliche Bekanntschaft mit seinem Erfinder, dem Iraker Tahsin Al-Majed, bekannt geworden. Dieser wird uns später noch als Entwickler des geschlitzen Rotorblatts begegnen.

Rotor von 1719

Rotor von 1719

Im Grunde handelt es sich um die  Weiterentwicklung eines 1719 in Frankreich entwickelten Systems mit waagrecht umklappenden Flügeln. Außer in kleinen Funktionsmodellen wurde eine praktische Umsetzung bislang noch nicht erprobt.

Interessant ist, daß es ein sehr ähnliches deutsches Patent von Herrn Josef Wisniewski aus Celle gibt, das fast zeitgleich 1978 mit der Erfindung von Al-Majed eingereicht wurde.

Doch damit nicht genug.

So bekommen bei dem europäischen Wissenschafts-Wettbewerb ‚Jugend forscht’ im Jahr 1995 zwei ungarische Schüler einen Preis für das im Grunde exakt gleiche System zugesprochen.

Es scheint also, als ob diese Idee unbedingt umgesetzt werden ‚will’ – auch wenn dieser Vertikal-Rotor ein Widerstands- und Langsamläufer ist, dessen Attribute auf einen geringen Leistungsbeiwert hinweisen, wie verschiedene Aerodynamiker meinen.

Bei unseren eigenen Experimenten kamen wir jedoch zu einem ganz anderen Ergebnis:

Abbildung aus dem Klapprotor-Patent

Manelidis-Rotorpatent

Ein kleines, von Tahsin Al-Majed gebautes Modell wurde auf einem dreirädrigen Chassis installiert, das als Getriebe einen umgewidmeten Handbohrer besaß. Richtete man nun einen Zimmerventilator auf das Gerät, so fing dieses überraschenderweise an, mit schnell zunehmender Geschwindigkeit auf die Windquelle zuzufahren. Je stärker der Wind blies, desto schneller fuhr im das Wägelchen entgegen!

Die Technolgie der Klappflügel ist also nicht nur schon ziemlich früh erfunden worden, sondern sie ist tatsächlich auch sehr hartnäckig. Da sie bislang noch immer nicht im praktischen Einsatz umgesetzt worden ist, taucht sie immer wieder von neuem auf – so z.B. auch in dem am 25.07.2002 beantragten und am 20.02.2003 erteilten Internationalen Patent WO 03/014564 des griechischen Erfinders Vladimiros Manelidis. Anhand der Grafik erkennt man schnell, daß sich der Erfinder auf die essentielle Technik konzentriert hat.

Grafik der Energie-Barke

Energie-Barke

2004 kommt dann die Erfindung von Robert D. Hunt in die Presse, der ebenfalls einen Senkrechtachser mit Klappflügeln vorstellt, die einen Wirkungsgrad von 44 % besitzen soll.

Während die gezeigten Modelle der Hunt Aviation Corp. in Pass Christian, Mississippi, noch abgerundete Klappen haben (,Disc-Rotor’), sehen die zukünftigen Konzepte ebenfalls eckige Flächen vor – wobei das System als schwimmende Barke sowohl die Wind- als auch die Strömungsenergie nutzen soll, natürlich mit jeweils angepaßten Systemen aufgrund der Unterschiede zwischen Luft und Wasser.

Mitte 2005 berichten einige Blogs in den USA über wiederum die gleiche Erfindung – diesmal hat sie John M. Thalmann aus Crown Point, Indiana, gemacht, der auf seinem Dach auch ein Modell mit einem Durchmesser von 365 cm vorführt.

Inzwischen bin ich mir ziemlich sicher, daß eine gezielte internationale Recherche noch diverse andere Parallelerfindungen des Klappflügel-Rotors zum Vorschein bringen würde…

Modell des Barco WM Rotor

Barco WM Rotor

Ein weiteres System, das ich hier einordnen möchte, ist der patentierte Rotor des spanischen Entwicklungsunternehmen Barco WM, bei dem die Einzelblätter allerdings senkrecht angeordnet sind.

2002 erhält diese Erfindung die Silbermedaille der Erfindermesse Gálactica, danach hört man jedoch nichts mehr darüber. Außer dem abgebildeten Modell scheinen auch keine weiteren Rotoren gebaut worden zu sein.

Der MagLev-Rotor

Das Konzept eines riesigen Senkrechtachsers mit 1 GW Leistung, der alleine in der Lage sein soll, 750.000 Haushalte mit Strom zu versorgen, wird im Juni 2006 auf der Wind Power Asia Exhibition in China vorgestellt. Über 50 Länder zeigten Interesse an dieser Entwicklung. Es handelt sich um die gigantischste Vision im Windenergiebereich, von ich bisher gehört habe, und die weit über die kühnsten Träume von Christoph Schlobies von 1983 hinausgehen (s.o.). Andererseits sind bislang aber auch noch über 70 Millionen Haushalte in China ohne Stromanschluß…

Eine Besonderheit der MagLev Windturbine sind magnetische und daher so gut wie vollständig reibungsfreie Lager – was ein schnellen Anlaufen und die Nutzung von Windgeschwindigkeiten bereits ab 1,5 m/s erlauben soll. Man rechnet daher mit einem Stromabgabepreis von unter 5 US-Cent pro kWh. Eine 1 GW Anlage soll sich dadurch bereits innerhalb nur eines einzigen Jahres amortisieren.

Im Gegensatz zu bisherigen Ansätzen magnetischer Lagerungen werden hier keine elektrischen Spulen eingesetzt sondern Permanentmagnete, was die Betriebskosten natürlich signifikant senkt. Für die Herstellung dieser Magnete werden große Mengen an Neodym benötigt, das zu den seltenen Erden gehört – allerdings beherrscht China schon heute 90 % des Weltmarktes für Magneten aus seltenen Erden.

Magnetlager mt Elektrospulen

Magnetlager

Doch auch die Umsetzung geht schnell – allerdings noch in wesentlich kleinerem Maßstab. Im November 2007 beginnen in Zentralchina die Bauarbeiten an einer Fabrik zur Herstellung von Maglev-Windturbinen in einem Leistungsbereich zwischen 300 W und 20 kW. In den Bau der Fabrik investiert die Zhongke Hengyuan Energy Technology Co. Ltd. aus Guangzhou 400 Millionen Yuan (= ca. 37,5 Mio. €). Die ersten Produkte sollen bereits Mitte 2008 ausgeliefert werden, anschließend soll mit dem Bau von Anlagen im Leistungsbereich von 400 kW bis 5 MW begonnen werden.

Die Technik selbst wurde von der Firma in Zusammenarbeit mit dem Guangzhou Energy Research Institute der Chinesischen Akademie der Wissenschaften entwickelt, geleitet wird das Projekt vom Firmenchef Guokun Li.

In den USA soll die in Arizona beheimatete Firma MagLev Wind Turbine Technologies unter der Leitung des Energieforschers Ed Mazur die neuen Turbinen herstellen. Dieser geht davon aus, daß mit der neuen Technologie ein kWh-Preis unterhalb von 1 US-Cent erreichbar wird. Die Baukosten für eine 1 GW-Anlage veranschlagt er auf 53 Mio. US-$ (Stand Ende 2007).

Ein ähnliches, aber wesentlich kleineres System für Hausdächer wurde bereits vor einigen Jahren von Thomas Priest-Brown und Jim Rowan in Kanada erfunden. Ihre ebenfalls magnetische gelagerte ‚Mag-Wind VAWT’ Windturbine ist von der Mag-Wind Company LLC in Texas zur Produktreife weiterentwickelt worden und sollte eigentlich von der ebenfalls texanischen Vector Systems Inc. in Richardson hergestellt werden. Dieser neue Senkrechtachser läuft in den USA unter dem Namen ‚ Magnetically-Levitated Axial Flux Alternator with Programmable Variable Coil Resistance’. Als erstes plante das Modell Mag-Wind MW1100 auf den Markt zu bringen, doch seit Ende 2006 gab es keine neuen Informationen mehr über dieses Projekt.

Es sollte an dieser Stelle auch noch darauf hingewiesen werden, daß einige der Patente für magnetische Levitation (z.B. durch Linearmotoren angetriebene Züge wie der heutige Transrapid) auf den deutschen Ingenieur Hermann Kemper in den Jahren 1937 bis 1941 zurückgehen.

Nach dieser Übersicht der Vertikalachsen-Anlagen folgen nun weitere Windenergie-Systeme wie Drachen, Luftschiffe, Tornadotürme oder Abwindkraftwerke. Es ist wirklich bemerkenswert, was sich der menschliche Erfindungsgeist im Laufe der Jahrhunderte so alles ausdenkt.

 

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